Fünf Gründe, warum anständige Menschen Frau Merkel nicht unterstützen können





Vermutlich kennt kaum noch jemand Walter Lippmann und Katherine Graham. An Letztere oder besser an die unbeabsichtigt wichtige Rolle Ihres Busens können sich in der BRD allenfalls noch Filmliebhaber erinnern, die "All the President's Men" noch nicht vergessen haben *1.

Jedenfalls ereignete es sich im Jahre 1966, dass der damals berühmte Journalist und Medientheoretiker Walter Lippmann einen Abend mit Katherine Graham, der Herausgeberin der Washington Post, verbrachte, und sie zu überzeugen suchte, dass "anständige Menschen den Krieg [in Vietnam] nicht mehr unterstützen können" *2.

Ob Mrs. Graham diese Ansicht sofort übernommen hat, ist wohl nicht bekannt. Sehr wohl war aber in der Folgezeit an Berichten und Kommentaren in der "Post" eine immer kritischere Haltung zum Vietnam-Krieg und zur Aussenpolitik der US-Regierung festzustellen. Und schliesslich sollte das in zwei wichtigen Entscheidungen der Zeitung münden, die ohne Einwilligung der Herausgeberin nicht möglich gewesen wären: zum einen die Publikation der "Pentagon Papers" 1971 und weiter die Artikelserie zur Watergate-Affäre ab 1972, die letztlich (u.a.) zum Amtsverzicht Nixons 1974 führte.


Man tut Lippmann und Graham sicher nicht unrecht, wenn man sie als bestens vernetzt mit dem damaligen politischen Establishment und aller revolutionären Rhetorik abhold beschreibt *3. Trotzdem kamen auch sie zur Schlussfolgerung, dass dieser Krieg nicht mehr zu rechtfertigen war.

An dieser Episode hat mich besonders die Formulierung "decent people" oder "anständige Leute" fasziniert. Natürlich ist "anständig" kein wissenschaftliches Raster, kein fester Normensatz, und natürlich unterliegt der Konsens über "Anständigkeit" ständiger Anpassung im Laufe der Zeit. Trotzdem werden zu gegebener Zeit überraschend viele Menschen recht zielgenau und übereinstimmend einschätzen können, was anständig ist und was nicht.

Sollte man in diesem Wochen vor der Bundestagswahl nicht einmal versuchen, die Taten unserer Kanzlerin Angela Merkel einzuordnen? Gibt es Gründe, warum anständige Menschen Frau Merkel nicht (mehr) unterstützen sollten und weshalb man also nicht den Parteien seine Stimme geben sollte, die Frau Merkel ein weiteres Mal ins wichtigste Staatsamt heben wollen? Mir fallen da mindestens 5 Bereiche ein:




1. Der NSU-Komplex

Ein Blick auf die Chronologie zeigt natürlich, dass Frau Merkel zur Zeit der Begehung der (meisten) Morde des sogenannten "nationalsozialistischen Untergrundes" kein Regierungsamt innehatte, weder im Bund noch auf Länderebene. Entsprechend trägt sie keine direkte Verantwortung für die zahlreichen Mängel bei den Ermittlungen in dieser Sache.

Allerdings hat sie bei der Feierstunde zum Gedenken an die Mordopfer des NSU im Februar 2012 folgendes versprochen:

"Als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland verspreche ich Ihnen: Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen."

Von den "Helfershelfern und Hintermännern" ist allerdings bis auf Frau Tschäpe selbst und vier untergeordneten Unterstützern aus dem rechtsradikalen Umfeld niemand angeklagt worden.

Dabei haben die diversen Untersuchungsausschüsse des Bundestages und verschiedener Länderparlamente sehr eindeutig gezeigt, dass es innerhalb der "Dienste" (Verfassungsschutz et.al.) mindestens "schützende Hände" gegeben hat. Aber alle Versuche, dieses finstere Gestrüpp aus Diensten, V-Leuten und Neonazi-Szene zu lichten, wurden mit grosser Energie behindert: Aussagevereigerungen, Aktenvernichtungen, plötzliche Gedächtnislücken wichtiger Politiker usf. haben am Ende alle Ausschüsse ins Leere laufen lassen.

Und für diese Obstruktion trägt die Kanzlerin, die ja seit 2005 im Amt ist, sehr wohl erhebliche Verantwortung. Angesichts der Möglichkeiten Ihres Amtes, hier Aufklärung zu schaffen, ist ihr Versprechen von 2012 eigentlich nur noch als Hohn zu verstehen.

Allein deswegen sollte Frau Merkel für anständige Menschen unwählbar sein.



2. Die Hartz-4-Sanktionen

Auch hier scheint die Kanzlerin vordergründig exkulpiert, ist doch das sogenannte "Hartz-4" von ihrem Amtsvorgänger Gerhard Schröder eingeführt worden. Aber gerade das berüchtigte "Sanktions-Regime" ist ja unter ihrer Kanzlerschaft, besondern unter der beständig lächelnden (oder grinsenden?) Familienministerin von der Leyen, erheblich verschärft worden. Nun ist Hartz-4, dieses mit höchsten Fleiss von der Ministerialbürokratie entwickelte Repressionssystem, m.E. ohnehin ein Skandal für eines der reichsten Industrieländer der Welt. Die sogenannten "Sanktionen" (was auf gut deutsch schlicht "Bestrafungen" heisst) aber sind der Skandal im Skandal: Erst definiert man ein Existenzminimum, um es dann den Menschen wochen- oder monatelang zu verweigern, die die teilweise absurden Auflagen nicht erfüllen wollen oder können.

Das Verteidigen dieser Sanktions-Praxis überlässt unsere Kanzlerin, die sich ja gerne präsidial gibt, vorzugsweise unteren Chargen.

Aber natürlich sind Gesetz und Erlasse Produkte ihrer Minister und Ämter, für die sie verfassungsgemäss die "Richtlinien der Politik" vorgibt, entstehen also unter ihrer Verantwortung. Hat sie je irgendetwas vorgeschlagen, was den Betroffenen Entlastung bringen würde? Vermutlich aus gutem Grunde nicht, ist doch gerade durch Hartz-4 der grösste Niedriglohnsektor Europas erst ermöglicht worden.

Und ihren Freunden in Industrie- und Finanzwelt ist genau dieses Niedriglohnniveau ein Herzensanliegen, folglich auch der "marktkonformen Demokratin" Merkel.

Allein deswegen sollte Frau Merkel für anständige Menschen unwählbar sein.




3. Die Militarisierung der BRD

Wiederum ein Feld, wo Frau Merkel "nur" den Spuren ihres Amtsvorgängers zu folgen scheint. Mit der Teilnahme am Yugoslawien-Krieg hatte die rot-grüne Regierung ein wichtiges Tabu gebrochen. Der übernächste anstehende Krieg wäre die Invasion im Irak gewesen, die US-Präsident George W. Bush im Jahr 2003 völkerrechtswidrig begann. Kanzler Schröder hatte damals noch soviel politischen Instinkt, die BRD an diesem (absehbaren) Desaster nicht teilnehmen zu lassen - aber eine gewisse Oppositionspolitikerin namens Merkel plädierte schon damals lautstark für deutsche Beteiligung.

Den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, schon 2001 unter dem Kennwort der "bedingungslosen Solidarität" beschlossen, konnte Frau Merkel ab 2005 aber selber orchestrieren. In den 13 langen Jahren bis zum "offiziellen" Ende des Einsatzes im Jahre 2014 hat sich aber nichts zum Guten gewendet - eher im Gegenteil: Die Taliban sind stärker denn je und beherrschen wieder den Grossteil des Landes, und die von den USA gestützte Zentralregierung kann nicht einmal in der Hauptstadt für Sicherheit vor dschihadistischen Anschlägen sorgen.

Das Desaster in Afghanistan hat die Bundesregierungen unter Merkel aber nicht davon abgehalten, möglichst überall, wo sich Gelegenheit auftut, deutsche militärische Beteiligung anzubieten. Und auch das schöne Tarnwort von den "Ausbildungsmissionen für Sicherheitskräfte", von den USA schon seit den 1950ern gern benutzt, findet immer häufiger auch für die Bundeswehr Anwendung - ob im Nordirak oder in bzw. für Saudi-Arabien.

Wenn die ganze Sache irgendeine erkennbare Struktur hätte, könnte man noch ernsthaft darüber diskutieren:

Milan-Ausbildung für Kurden, Patriot-Raketen in der Türkei, Tornados-Jets über Syrien, Fregatten am Horn von Afrika, "Friedenstruppen" in Mali mit Kampfhubschraubern, Kriegsbeobachter unter OECD-Tarnung in der Ukraine, Bombardement mit "Brunnenbohren und Mädchenschulen" in Afghanistan - all das fügt sich bestenfalls zu einem "wir wollen auf jeden Fall auch mit dabei sein", aber nicht zu einem Sicherheitskonzept.

Und zu diesem Wildwuchs dann die Ankündigung der Kanzlerin, dass man die Rüstungsausgaben baldmöglichst auf eine absolut willkürliche NATO-Zielmarke von 2% (am BIP) erhöhen wolle. Auf welche geheimnisvolle Weise die Rüstungserhöhung denn nun "mehr Sicherheit" und gegen wen oder vor was erbringen soll, das will uns die Kanzlerin lieber nicht erläutern.

Ob sich die gefährlichen Russen, wenn sie denn dereinst mit ihren Panzerarmeen nach Westen rollen sollten (wieso eigentlich?), dann von schicken Fregatten im Mittelmeer oder klimatisierten Mannschaftstransportern in Wüstentarnfarbe abschrecken lassen werden?

Da ist m.E. kein Konzept erkennbar ausser Befriedigung der Renditewünsche der Waffenhersteller.

Allein deswegen sollte Frau Merkel für anständige Menschen unwählbar sein.






4. Die EU als Vehikel deutscher Machtpolitik

Die EU ist, da muss man dem wendigen ehemaligen Aussenminister Joschka Fischer recht geben, ein ziemlich kompliziertes Konstrukt. Da agieren neben den natürlicherweise involvierten Regierungen der Staaten noch jede Menge anderer, teils mächtiger Interessengruppen.

Wohin dann der grosse Ozeandampfer "Europäische Union" im Endeffekt steuert, ist nicht immer leicht vorhersehbar. Allerdings haben sich, um im Bilde zu bleiben, die deutschen Regierungen seit der Jahrtausendwende den Hauptzugang zur Rudermaschine verschafft. Und sie haben einen Generator angeworfen, der Geld und Wohlstand von der Peripherie in das selbsternannte "Herz Europas" schaufelt und gleichzeitig Arbeitslosigkeit in die peripheren Länder, besonders des Südens, pumpt. Der Generator heisst "EURO-Währung".

Ob dieser Effekt schon bei der Planung der Gemeinschaftswährung so vorgesehen war, oder ob die deutschen Eliten nur als erste die Chancen ergriffen, die sich aus den konstruktionsbedingten Schwächen des EURO ergaben, ist heute schon nicht mehr relevant.

Der Effekt ist umso deutlicher: Wann immer eine "authoritative" Stellungnahme zu irgendeiner Krise erwartet wird, blickt die europäische Presse erwartungsvoll zur deutschen Kanzlerin - ihr Wort wird am Ende entscheidend sein.

Diese deutsche Vorherrschaft war natürlich nicht unumstritten, und immer wieder gab und gibt es Regierungschefs, die nicht alles, was in deutschen Ministerien und Think Tanks so ausgebrütet wird, kommentarlos schlucken wollen.

Manchmal kommen sie damit auch durch, wenn es um eher untergeordnete Dinge geht. Jedem ernsthaften Kratzen an der deutschen Vormachtstellung jedoch hat die Kanzlerin durch ein grausames Exempel, einer Art ökonomischer "shock-and-awe"-Strategie, einen Riegel vorgeschoben.

Das Exempel heisst "Griechenland-Finanzkrise". Eigentlich wäre es ja problemlos möglich gewesen, dem kleinen Land (mit einer Bevölkerungszahl, die der Baden-Württembergs gleicht) bei der durch die US-Ratingagenturen ausgelösten Finanzkrise mit Stützungskäufen der (EU-)Notenbank oder sogenannten Eurobonds aus der finanziellen Notlage zu helfen.

Aber es war gerade die Kanzlerin, die unter dem Motto "Regeln müssen eingehalten werden" jeglicher sanften Krisenlösung einen Riegel vorschob. Und als die Griechen sich erlaubten, mit Syriza eine etwas widerspenstige Regierung zu wählen, ja sogar das demokratische Recht des Volksentscheids nutzten und die EU-Vorlagen ablehnten, war es mit der Geduld vorbei.

Mit der finanziellen Pistole auf der Brust (der sofortigen Einstellung aller Kurzfrist-Kredite der EZB) wurde die Syriza-Regierung schliesslich zur Kapitulation gezwungen.

Seitdem wird alles an öffentlicher Infrastruktur, was irgendeinen Wert hat, zu Schleuderpreisen an ausländische "Investoren" (z.B. die deutsche FRAPORT) verscherbelt - oder sollte man eher von Enteignung sprechen?. Und die Masse der griechischen Bevölkerung darf mit Rentenkürzungen, Arbeitslosigkeit und "Lohnanpassungen" (natürlich nur nach unten) den Preis für eine in Deutschland erdachte Austeritätspolitik zahlen.

Allein deswegen sollte Frau Merkel für anständige Menschen unwählbar sein.



5. Die Flüchtlingspolitik

Seit Angela Merkel gerade auch wegen der schlagzeilenträchtigen Flüchtlingspolitik im Herbst 2015 zur "Person of the Year" erkoren wurde, scheint ihre Position - zumindest in den Mainstreammedien - über jeden Zweifel erhaben. Die standhafte Verteidigerin des Satzes "Asyl kennt keine Obergrenze", die edle Retterin von hunderttausenden Syrern, die ewige Mahnerin für eine "gemeinsame europäische Lösung" vertritt doch offenbar das Edelste des "neuen Europa".

Allerdings stand am Anfang dieser sagenhaften "Refugees welcome"-Geschichte ein eklatanter Rechtsbruch. Am 25.08.2015 versendete das BAMF (das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) ausgerechnet per Tweet folgende Nachricht:

>#Dublin-Verfahren syrischer Staatsangehöriger werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns weitestgehend faktisch nicht verfolgt.<

Natürlich waren auch schon vor diesem Tweet viele Menschen aus der Nahost-Krisenregion nach Europa unterwegs - aber erst nach diesem Tweet schwoll das so an, dass die Grenzbeamten der Balkan-Länder die Sache nicht mehr kontrollieren konnten.

Wieso Rechtsbruch? Nun, das Dublin-II-Abkommen stellte damals den Konsens über die Behandlung von Flüchtlingen aus nicht-EU-Ländern dar. Die "faktische Nichtverfolgung" stellte also kontrollfreie Einreise in eines der Haupt-Zielländer der Flüchtlinge (nämlich Deutschland) in Aussicht, und genau so begriffen das Zehntausende, die in Syrien selbst, aber auch in der Türkei und anderen Ländern auf Besserung ihres Daseins hofften.

Diese BAMF-Nachricht wurde auch in den Folgetagen von der Bundesregierung nicht dementiert, also von der Bundeskanzlerin (die doch bezüglich Griechenland so sehr auf "Einhaltung der Regeln" pochte) de facto bestätigt.

Und man hatte ja in Hinterzimmergesprächen mit den Hauptstadtjournalisten diese schon Wochen vorher auf eine grosse Flüchtlingswelle eingestimmt. Somit war alles vorbereitet für ein mediales Grossereignis mit geöffneten Grenzstationen, Bus-Konvois, Sonderzügen und fähnchenschwenkenden Empfängen auf Bahnhöfen.

Den tatsächlich vor Ort tätigen Helfern, die z.B. Essen, Getränke und Kleidung ausgaben, war und ist der Ruhm vollkommen zu gönnen. Nur das mediale gegenseitige "sich-auf-die-Schulter-klopfen" von Journaille und Polit-Prominenz war schwer zu ertragen. *4

Umso schwerer, als viele der so umjubelt Empfangenen ja nun mit weitaus weniger Medienpräsenz wieder abgeschoben worden sind. Und jener ungarische Grenzzaun, den damals so viele Journalisten als erbarmungslose Schikane eines populistischen Ungarn-Premiers brandmarkten, ist inzwischen selbstverständlicher Teil der "EU-Aussensicherung".

Wird es eine "Dublin-Aussetzung" für die Bootsflüchtlinge aus Lybien geben, für die Italien bald keinen Platz mehr findet? Wenn man das diesbezügliche Schweigen aus dem Kanzleramt richtig deutet: wohl kaum. Es sind offenbar die "falschen Flüchtlinge" - da bezahlt man lieber einen der lybischen Warlords für bewaffnete Unterbindung der Flüchtlingsströme (Sarkasmus aus).

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Hin und wieder werden Fälle bekannt, in denen Feuerwehrleute , süchtig nach der Anerkennung als Menschenretter, selber Brände legen (wenn es an solchen mangelt), um sich wieder als Retter in Szene setzen zu können.

Der "freie Westen", vertreten durch EU und NATO, scheint manchmal eine ähnliche Strategie zu verfolgen: Erst legen wir die Städte und Dörfer von Drittwelt-Staaten durch Bomben und Granaten in Schutt und Asche, dann kippen wir mit Transportflugzeugen ein paar Tonnen Hilfsgüter über den betroffenen Gebieten ab oder empfangen die Flüchtlingskinder mit Plüsch-Teddys.

Und unsere Kanzlerin macht bei diesem zynischen Spiel an vorderster Stelle mit.

Allein deswegen sollte Frau Merkel für anständige Menschen unwählbar sein.






Sicher ist mancher Leser mit diesen Thesen nicht einverstanden.

Sofern das nicht einfach Gewöhnung ist ("habe schon immer Merkel gewählt"), könnte das ja zu einem erkenntnisstiftenden Dialog führen. Wer also darlegen möchte, warum Merkel doch wählbar sei oder warum eine/alle (?) meiner obigen Thesen falsch seien, darf dies (gerne auch kurz) per eMail an webmaster@truthorconsequences.de tun. Soweit es meine Zeit erlaubt, werde ich das zu beantworten versuchen.



(August 2017)





*1 In Alan J. Pakulas Film über die Aufdeckung der Watergate-Affäre durch die beiden Journalisten der Washington Post (Woodward und Bernstein) wird auch die berühmte Drohung aufgegriffen, mit der John Mitchell, damals Nixons Justizminister, die Veröffentlichung brisanter Details verhindern wollte: "Katie Graham's gonna get her tits caught in a big fat wringer if that's published." ("Katie Graham wird mit Ihren T. in eine riesige Heissmangel geraten, wenn das veröfffentlicht wird").

*2 Bei Barbara Tuchman (in "The March of Folly", Seite 426) wird das so beschrieben: >Walter Lippman spent an evening in 1966, persuading Katherine Graham, publisher of the Washington Post, that 'decent people can no longer support the war'.<

*3 Beide Personen hatten u.a. persönlichen Zugang zu verschiedenen US-Präsidenten gehabt. Lippmann als Pulitzer-Preisträger und Graham als Herausgeberin einer der einflussreichsten Zeitungen der USA waren auch über die Kreise von Intellektuellen hinaus wohlbekannt.


*4 Zu den zahlreichen Missverständnissen, die die Berichterstattung unserer Mainstream-Medien befördert, gehört die Auffassung, Aufnahme von Flüchtlingen sei per se immer "gut". Julian Nida-Rümelin weist in seinem jüngsten Buch (Besprechung hier: http://www.nachdenkseiten.de ) darauf hin, dass das so noch nicht einmal für alle im Gastland erfolgreich Aufenthaltsrecht erhaltenden Flüchtlinge stimmt. Denn die Integration kann aufgrund vielfältiger Umstände nur teilweise erfolgreich sein oder gar komplett scheitern. Ein Ingenieur, Arzt oder Akademiker, der im Gastland langfristig nur unterqualifizierte Beschäftigung findet (z.B. als Taxifahrer oder Lagerist) empfindet u.U. allen Grund, Groll aufzubauen oder seinen Kindern weiterzugeben. Das muss nicht zur Tragödie führen - aber die Tatsache, dass fast alle dschihadistischen Attentäter der letzten Zeit (Paris, Brüssel, Nizza, Berlin, Barcelona) entweder schon seit Jahren in Europa lebten oder gar schon in 2. Generation hier waren, sollte zu denken geben.

Die andere, selten beachtete Seite sind die Herkunftsländer der Flüchtlinge bzw. Migranten selbst. Üblicherweise werden als erste die finanziell und/oder körperlich mobilsten Bürger das Land verlassen. Das schwächt ganz direkt die Wirtschaftskraft des Landes, was weitere Entwicklung oder auch nur die Überwindung der jeweils akuten Krise natürlich erschwert. Historische Beispiele für diese Effekte könnten in Europa z.B. Irland oder Sizilien sein.

Das soll natürlich keine "Ausländer raus"-Parolen rechtfertigen, und natürlich haben die Flüchtlinge und Migranten, die sich bereits hier befinden, Anspruch auf eben "anständige" Behandlung. Aber eine "kommet-nur-alle"-Haltung ist eben auch naiv, und eine klar verkündete Obergrenze (und sei es nur der jeweiligen Einzelstaaten der EU) könnte am Ende menschenfreundlicher sein als eine Politik, die diese Menschen als politisches Druckmittel gegen missliebige Regierungen missbraucht.