Mephistophelische Abkommen



1. "2015 darf sich nicht wiederholen"

TV und andere Medien übertrugen nach dem 28. Februar 2020 verstörende Bilder von der griechisch-türkischen Grenze: Nur mit Kleidung und ein paar Taschen ausgerüstete Menschen kommen von der türkischen Seite und drängen sich zu Hunderten oder Tausenden vor dem Zaun, der dort die Türkei vom EU-Land Griechenland trennt. Weiter wird uns berichtet, dass die Türkei nicht nur die Grenze zur EU für "offen" erklärt habe, sondern mindestens die dort schon eingetroffenen Menschen mit Sicherheitstruppen unter Einsatz von Tränengas in Richtung Griechenland treibe, während auf der Gegenseite griechisches Militär, ebenfalls Tränengas einsetzend, die Menschen zurückzudrängen versuche. Offenbar werden diese Menschen von zwei Seiten in die Zange genommen, obwohl sie doch nur - wie man von emporgehobenen Pappschildern ablesen kann - "a peaceful life" in der EU anstreben.

Andere TV-Bilder zeigen die neue EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, wie sie die Lage aus sicherer Helikopterhöhe betrachtet. Und ihre deutschen Politikerkollegen von CDU, CSU und SPD beschwören derweil, dass sich das Jahr "2015 nicht wiederholen dürfe" und die "EU-Aussengrenze unbedingt verteidigt" werden müsse. Dies in starkem Kontrast zur Situation in eben jenem Jahr 2015, wo eine nahezu Allparteienkoalition (inklusive BILD-Zeitung!) ein "refugees welcome" predigte und schliesslich über 800'000 Syrern Aufnahme in der BRD gewährt wurde.



2. Woher kommen diese "Grenzgänger"?

Die türkische Regierung hat zumindest anfänglich den Eindruck zu erwecken versucht, dass es sich hier um die von der jüngsten Militäroffensive der syrischen Armee aus der Provinz Idlib vertriebenen, sozusagen "frischen" Flüchtlinge handele. Aufgrund der Chronologie der Ereignisse und diverser Beobachtungen vor Ort kann man annehmen, dass hier mit Bussen Menschen aus den innerhalb der Türkei bestehenden Flüchtlingslagern herbei transportiert wurden. Auch lassen die bisher eingehenden Berichte eher auf "Alt"-Flüchtlinge schliessen, noch dazu überwiegend aus anderen Ländern als Syrien *1. Übrigens darf man davon ausgehen, dass diese Art von "Abschiebung in die EU" nicht nur einen einsamen Entschluss des "Autokraten" Erdogan widerspiegelt, sondern mindestens von Teilen der türkischen Bevölkerung auch befürwortet wird. Denn die über 3 Millionen syrischer Flüchtlinge, die seit Beginn der Kriegshandlungen in die Türkei gekommen sind, stellen an manchen Orten eben auch eine grosse Belastung dar, die man eigentlich stellvertretend für die EU ertragen musste.

Ein interessanter und hierzulande wenig beachteter Aspekt ist auch, dass man diese Menschen genau an die türkisch-griechische und nicht an die türkisch-bulgarische Grenze brachte, obwohl doch Bulgarien ebenso EU-Land ist.



3. "2015" - Triumph oder "Niederlage"?

Wieso wollen deutsche Politiker nun unbedingt ein zweites "2015" verhindern? Nie hatten die deutschen Politiker, die deutsche Regierung und auch die deutsche Bevölkerung eine so gute internationale "Presse" wie damals. Für die demonstrierte "Willkommenskultur" klopfte man sich hierzulande begeistert gegenseitig auf die Schultern. Frau Dr. Merkel wurde für ihren "historischen" oder gar "heroischen" Akt der Grenzöffnung allseits gelobt, schliesslich mit dem "Person of the Year"-Titel der Zeitschrift TIME geehrt - viel hat wohl nicht gefehlt, und sie hätte wie Herr Obama einen "Friedensnobel" nach Hause tragen können.

Wieso möchte man diesen gigantischen, weltweiten PR-Erfolg von damals eigentlich nicht wiederholen, nicht nochmals das freundliche, "weltoffene", "neue" Deutschland präsentieren? Was ist 2020 so anders als 2015?

Liegt es an fehlenden Kapazitäten? Eine Reihe von Kommunen hat öffentlich ihre Bereitschaft erklärt, wieder Flüchtlinge aufzunehmen, und die Tatsache, dass eine Reihe der damals so hektisch errichteten oder angekauften Unterbringungseinrichtungen ganz oder teilweise leerstehen, macht diese Angebote auch begründet. Ist es dann die Angst vor weiteren Wahlerfolgen der AfD? Auch 2015 war davor gewarnt worden, aber die medial gepuschte Euphorie wischte alle Bedenken beiseite. Und hat man nicht gerade eben anlässlich der Morde in Hanau hoch und feierlich die Solidarität mit den migrantischen Bürgern betont, samt salbungsvoller Reden des Bundespräsidenten? Auch daran kann es also eigentlich nicht liegen.

Will man die Frage beantworten, wieso heute "Sicherung der Aussengrenzen" und nicht mehr "Grenzöffnung und Willkommenskultur" die Politik bestimmen, muss man wieder mit der Schlüsselfrage cui bono? bzw. cui prodest? herangehen. Wem nutzt es?



4. Ein Abwerbeprogramm

Syrien war bis 2015 kaum ein Thema in den bundesdeutschen Medien, man hatte ja (scheinbar!) nichts mit diesem unübersichtlichen "Bürgerkrieg" zu tun. Der "regime change"-Plan der USA und der Golf-Emirate war zwar nicht so glatt aufgegangen, wie man sich dort wohl vorgestellt hatte, aber immerhin hatte der IS (oder ISIS, ISIL oder daesh) einen Grossteil des syrischen Staatsgebiets unter seiner Kontrolle, und die Regierung in Damaskus (das "Regime") schien ziemlich in die Ecke gedrängt. Im Sommer 2015 entschloss sich aber Russland, militärisch in den Konflikt auf Seiten der syrischen Regierung einzugreifen. Und dies zeigte ziemlich rasch Wirkung, denn die auf den üblichen Karten schwarz markierten IS-Gebiete wurden nun nicht mehr immer grösser, sondern im Gegenteil stetig kleiner.

Offenbar war das aber für die Mächte der "westlichen Wertegemeinschaft" die falsche Entwicklung. Russland konnte man nicht militärisch direkt angreifen (freilich mit Sanktionen drangsalieren). Aber man konnte versuchen, der syrischen Regierung schlicht die "manpower" zu entziehen, um den Kampf fortzusetzen, indem man die schon vorhandenen (verständlichen) Fluchttendenzen vieler Syrer erheblich verstärkte. Das Mittel dazu war eine später per "Tweet" verbreitete "Verfahrensregelung" des zuständigen Bundesamtes (BAMF) - hier zitiert nach der Wochenzeitung DIE ZEIT:

"Am 21.August [2015] verschickt Angelika Wenzl, Regierungsdirektorin im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), einen internen Vermerk mit der Überschrift >Verfahrensregelung zur Aussetzung des Dublinverfahrens für syrische Staatsangehörige<."

In der Konsequenz wurde dies zu einem staatlich initiierten (und nebenbei auch gegen die damalige Rechtslage verstossenden) Abwerbeprogramm, welches sich explizit nur an Syrer *2 richtete - somit eigentlich ein Instrument der Kriegsführung. Und die syrischen Flüchtlinge selbst waren eben schon damals vollständig instrumentalisiert - sie bzw. ihre Flucht war nützlich, weil sie den angestrebten Sturz des "Assad-Regimes" doch noch möglich machen sollten. Und weil sie damals nützlich waren, es aber heute nicht mehr sind, ist jetzt die Losung "Sicherung der EU-Aussengrenzen".

Diese These habe ich schon in einem Text von 2016 ("Ein Wettlauf in der Wüste"), damals noch mit einigen "caveats", formuliert. Spätestens durch die aktuellen Ereignisse an der türkisch-syrischen Grenze ist sie für mich eigentlich nicht mehr widerlegbar.



5. Keine Rückkehr, keine Organisierung

Wenn man so die Flüchtlinge als Waffe benutzen wollte, musste man auch sicherstellen, dass die Menschen aus Syrien den Aufenthalt in Deutschland nicht als Provisorium oder Zwischenstation betrachten. Möglichen Rückkehrwünschen musste durch eine möglichst rasche "Integration" vorgebeugt werden. Damit erklären sich auch die erheblichen organisatorischen, aber vor allem werblichen Bemühungen um Integration seitens der Bundesregierung. Und die Presse spielte zum Grossteil freudig mit: "Integration dauert sechs Monate" titelte damals forsch ein sonntägliches Anzeigenblatt.

Gleichzeitig sollte damit einer drohenden Selbstorganisation der neuen "Syrien-Deutschen" vorgebeugt werden - die Kurden in der BRD, die ja mindestens teilweise in Kulturvereinen oder Parteien organisiert blieben, waren von dieser Warte aus ein abschreckendes Beispiel. Ganz und gar nicht sollte so etwas wie ein "Bund der Heimatvertriebenen" entstehen, der in der fühen BRD teilweise erheblichen Einfluss auf die Politik nehmen konnte.

Dem widerspricht nicht, dass auf vielerlei Ebenen (vor allem eben direkt vor Ort) die Bemühungen um Integration und "Willkommenskultur" durchaus ernst gemeint waren und mit viel persönlichem Einsatz angegangen wurden. Die Kunst der Massenbeeinflussung liegt ja gerade darin, es so erscheinen zu lassen, als artikuliere sich der ureigenste Wille der Bevölkerung "spontan".

Und bevor der Verdacht aufkommen kann, ich sei fremdenfeindlich oder gar rassistisch: Ich habe keinen Zweifel, dass die überwältigende Mehrzahl der Neubürger aus Syrien, Afghanistan, Irak oder aus den afrikanischen Staaten nach mehr oder minder langer Anpassungszeit ganz normale Mitbürger dieses Staates werden bzw. schon sind, so wie in der Geschichte auch Römer und Hugenotten, Dänen und Masuren, Italiener und Türken mit mehr oder minder Enthusiasmus Deutsche geworden sind. Allerdings sollte dem realistischen Einwanderer auch klar sein, dass ein Teil der "Bestandsbürger" reserviert sein wird, gerade wenn Sprache oder Aussehen eben noch ungewohnt sind. In einem Staatswesen müssen sich ja auch nicht alle gegenseitig "lieben" - es reicht, wenn man sich respektiert.



6. Die Tür unauffällig schliessen

Während also nach der "Grenzöffnung" auch ansonsten kritische Menschen plötzlich voll des Lobes auf Frau Merkel waren, wurde schon bald danach versucht, mehr oder minder unauffällig die Tür wieder zu schliessen. Mit grossem Bedauern wurde die Abwesenheit einer "europäischen Lösung" oder auch die "mangelnde Solidarität" der Partnerländer beklagt. Über die "schändliche" Errichtung von Zäunen durch Länder wie Ungarn wurde ebenso laut geklagt, intern aber war man mehr als froh, als schliesslich "die Balkanroute dicht" war (der damalige Innenminister de Maiziere).

Und der Eckstein dieser Bemühungen war das Abkommen mit der Türkei vom März 2016, welches dann den Zustrom von Flüchtligen nach Zentraleuropa drastisch reduzierte. Ein klassischer Menschen-Tauschhandel, zu dem ich damals schon schrieb: "Wer sich mit Menschenhändlern einlässt, sollte sich nicht wundern, wenn es wie auf dem Sklavenmarkt im Atlanta der Sezessionszeit zugeht."

Nun, in diesen Märztagen hat der türkische Präsident - wie schon mehrfach angedroht - die Abmachung aufgekündigt und seinerseits "Grenzen geöffnet". Denn auch für die türkische Regierung sind die Flüchtlinge nicht mehr nützlich, zumindest, wenn sie weiterhin in türkischen Lagern immobilisiert sind. Denn die EU will nicht noch weitere 3 Milliarden Euro "Abstand" zahlen, sondern will jetzt lieber fast 1 Milliarde (700 Mio.) in "Sicherung der Aussengrenzen" investieren.

Ausnahmsweise muss man der Kanzlerin zustimmen, dass es sich um einen groben Erpressungsversuch seitens der Türkei handelt. Wieso man in Istanbul dieses Wagnis einging, um Zustimmung oder Unterstützung für den wenig aussichtsreichen Einmarsch in Nordsyrien (Idlib) erzwingen zu wollen, ist zweifelhaft. Dass er zur Kaschierung des militärischen Scheiterns desselben dann besser in Moskau statt in Berlin vorstellig werden musste, war Präsident Erdogan dann doch klar. Über diesen türkischen Affront - die Ablehnung der Einladung nach Berlin - haben die deutschen Medien dann kaum Worte verloren.



7. Mediale Schadensbegrenzung

So eine scheinbare *3 Kehrtwendung, wie sie die deutsch geführte EU anlässlich der türkischen "Grenzöffnung" vollführt, bedarf natürlich der medialen Schadensbegrenzung. Ganz schnell kam der Vorschlag, wenn nicht den Zehntausenden an der Grenze gestrandeten Erwachsenen, dann doch wenigstens den "besonders schutzbedürftigen" oder "unbegleiteten" Kindern die Einreise zu erlauben. Ganz vorne dabei Frau Göring-Eckhardt, die bei den GRÜNEN für die pastoralen Töne zuständig ist. Mittlerweile ist der Vorschlag sogar zu einem Kabinettsbeschluss gereift - der allerdings mit wichtigem Kleingedruckten daherkommt: Denn die versprochene Aufnahme von 1500 Kindern soll nur dann stattfinden, wenn sich auch andere EU-Länder zur Aufnahme bereit erklären. Da ist sie also wieder, die berühmte "gemeinsame europäische Lösung", die ja schon 2015/2016 so dringend gefordert wurde und die sich seitdem so wenig materialisiert hat wie vom Himmel regnendes Manna.

Ob darüber nachgedacht wird, wie Flüchtlingseltern auf eine Regel für "unbegleitete Kinder" reagieren werden? Viele werden ihre Kinder als "unbegleitet" ausgeben, damit wenigstens diese in das "gelobte Land" einreisen können, d.h. man erzeugt mit dieser Regel dann funktionale Waisen und trennt sie damit von dem Rest Heimat und Geborgenheit, der ihnen auf ihrer Odyssee geblieben ist.

Diese GIGANTISCHE HEUCHELEI wird begleitet von einem sich dezent verschiebenden Ton bezüglich der Flüchtlinge selbst. So wusste die Tagesschau am 7.3. von "teilweise sehr gewalttätigen Flüchtlingen" an der Grenze zu berichten. Es wird wohl nicht mehr so lange dauern, bis das 2015 so schnell pauschal benutzte Wort Flüchtlinge wieder "ausdifferenziert" werden wird in z.B. "echte Flüchtlinge" und "Wohlstandsflüchtlinge" etc..

Gleichzeitig wird das Publikum an den Gedanken gewöhnt, dass der paradiesische Zustand der offenen Grenzen innerhalb der EU nur um den Preis hochgradig gesicherter Grenzen nach aussen zu haben sei - so der CDU-Vorsitzende-in-spe Armin Laschet im "Morgenmagazin"

Und an anderen Fronten wird in bewährter Methode die Schuld für das ganze Schlamassel einem anderen Land angelastet - welches natürlich Russland sein muss.

Für Leute mit holzschnittartigem Weltbild titelte etwa die BILD im Februar (sinngemäss) "Putins Bomben treiben Flüchtlinge nach Deutschland", der SPIEGEL kann es (am 7.2.) ähnlich gut: "Hunderttausende Syrer fliehen vor Assads Armee und Putins Bomben in Richtung Türkei." Ein Herr Matthias Koch, unter anderem für die Frankfurter Rundschau schreibend, hat wohl zumindest vom türkischen Einmarsch in Syrien gehört, aber für ihn steht am 3.3. fest: "Nicht Ankara, Russland ist schuld!".

Und noch immer ist von Idlib als einer "Rebellenhochburg" die Rede, obwohl "Terroristen-Rückzugsort" weit passender wäre. Was die Führungsmächte des "freien Westens" seit Jahren ohne Bedenken getan haben, nämlich vorgebliche Terroristenstützpunkte in Syrien zu bombardieren, darf nach der Lesart dieser Journalisten die syrische Armee in ihrem eigenen Lande scheinbar nicht tun. Die Berichterstattung der deutschen Mainstreammedien über Syrien seit 2015 ist ein Paradebeispiel für Kampagnenjournalimus - immer mit dem Ziel des "regime change" fest im Blick.



8. Verraten

Nachdem sich die EU und ihre Mitgiedsländer scheinbar unisono auf den Standpunkt stellen, dass dem Erpressungsversuch der türkischen Regierung nicht nachgegeben werden soll, sind die Aussichten für die an der türkisch-syischen Grenze gestrandeten Menschen nicht gut. Sie wurden gleich mehrfach verraten - von der Türkei durch die "Abschiebung" nach Griechenland, durch die EU durch die Nicht-Aufnahme, wiederum durch die EU schon 2016 durch das Menschenhandels-Abkommen mit der Türkei, von den arabischen "Bruderländern" der Golf-Emirate durch deren Unterstützung der IS- und Al-Queda-Terroristen mit dem Ziel des Sturzes der Assad-Regierung.

Da die USA niemandem etwas versprochen haben, sind sie in diesem Sinne vielleicht vom Vorwurf des Verrats freizusprechen. Die einzige Konstante der US-Aussenpolitik im Hinblick auf den Nahen Osten scheint aber seit rund 20 Jahren zu sein, möglichst immer 2 oder 3 oder mehr bewaffnete Parteien im Kriegszustand zu halten - vom limited war zum permanent war. Das hält die US-Rüstungsindustrie bei Laune und beugt unerwünschter Konkurrenz im geopolitischen Machtspiel vor...



9. "Hätte, hätte, Fahradkette..."

Die Aufnahme von Hunderttausenden Syrern in der BRD hat im Resultat zur Verlängerung des Kriegsgeschehens in Syrien beigetragen, oder direkter: Der "Hauptgewinn", den das Lebens in der Wohlstandsinsel Deutschland/Europa für die aufgenommenen Syrer vielleicht darstellt, ist um den Preis erheblich verlängerten Leidens der in Syrien verbliebenen Menschen erlangt worden. Was hätten Deutschland und EU-Europa tun können, um das Leiden zu begrenzen - mehr Migranten aufnehmen?

Sobald absehbar war, dass der vielleicht legitime Protest des sogenannten arabischen Frühlings von fundamental-religiösen Fanatikern "gekapert" wurde (also spätestens 2015!), hätte man der anerkannten syrischen Regierung eigentlich Unterstützung zukommen lassen müssen bei der Bekämpfung der Terroristen.

Und auch wenn man aus obskuren Gründen die Assad-Regierung nicht "leiden" konnte, so hätte sich doch unsere Bundesregierung wenigstens an die eigenen Gesetze halten und deshalb den Export von Rüstungsgütern in Spannungsgebiete untersagen müssen. In diesem Fall hätte der Exportstopp nicht nur z.B. Saudi-Arabien, sondern auch die Türkei treffen müssen - NATO-"Partner" hin oder her. Statt dem US-Sanktionsregime gegenüber Syrien und Iran zu folgen, welches im Wesentlichen die Zivilbevölkerungen trifft, hätte man diejenigen Dunkelmänner sanktionieren müssen, die dem IS Oel abkauften und ihn damit finanzierten. Auch diejenigen, die den IS direkt finanziell unterstützten, hätte man ausfindig machen und zur Fahndung bei Interpol ausschreiben können - ein saudischer Prinz in Handschellen vom Frankfurter Flughafen abgeführt wäre doch wenigstens einmal eine Abwechslung gewesen?

Aber die Unabhängigkeit der Merkel'schen Aussenpolitik erschöpft sich darin, die Sentenzen der jeweiligen Falken in Washington, London und Paris in etwas sanfterer Tonlage nachzubeten (siehe die fast sofortige Anerkennung des immer-noch-nicht-Präsidenten von Venezuela, Herrn Guaido). Auch das Versagen, das sogenannte "Atomabkommen" mit dem Iran (JCPOA) gegen die einseitige Kündigung seitens der USA zu verteidigen, gehört zu den "Leistungen" dieser Bundesregierung.



10. Gestrandet

Für die momentan im türkisch-griechischen Grenzgebiet gestrandeten Menschen kann man nur hoffen, dass karitative Organisationen Essen, Kleidung, Wetterschutz und medizinische Hilfe bereitstellen können - eine politsche Lösung wird es für sie wohl nicht mehr geben. Wenn sich die Skandalbilder von der Grenze abgenutzt haben, wird die türkische Regierung vielleicht auch die Wiederaufnahme in den eigenen Lagern veranlassen.

Und das "teuflische" Abkommen von 2016 (bei dem man streiten kann, welcher der Parteien eher die Rolle des Mephistopheles zugesprochen werden sollte) möchte die eine Politikerin "bewahren" (Frau von der Leyen), während die andere forsch "ein neues Abkommen" verlangt (Frau Baerbock von den Grünen). Irgendwie scheint die auf maximal drastische Art erfolgte Aufkündigung des Abkommen durch die Türkei noch garnicht mental angekommen zu sein.

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Diesen Text habe ich Anfang März begonnen, als die durch das Coronavirus ausgelöste Krise von der deutschen Regierung noch heruntergespielt wurde. Mittlerweile (15.03.2020) greifen immer mehr europäische Regierungen zu drastischen Massnahmen, um die Ausbreitung wenigstens zu verlangsamen. Wie vor diesem Hintergrund die Verteilung der als Feigenblatt benutzten Migrantenkinder gelingen soll, ist mir rätselhaft. Zumal, wenn es wie in den Lagern auf der griechischen Insel Lesbos (wo auch "Kinder gerettet" werden sollen) wohl schon erste Infektionsfälle mit Covid-19 geben soll.



(März 2020)



Fussnoten:


*1 Siehe z.B. dieser Artikel von Norbert Häring: https://norberthaering.de/unkategorisiert/migranten-evros/

*2 Schon vor 2 Jhren hatte ich im Text "Mitleid für Angela M. oder Mitleid für Martin S.?" darauf hingewiesen, dass hier die Flüchtlinge in solcher "erster" und "zweiter" Klasse eingeteilt wurden.

*3 Nur scheinbar deshalb, weil ja die spektakuläre Grenzöffnung schon bald von einer Abweisungsstrategie abgelöst wurde, dessen zentraler Bestandteil eben das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen war.



www.truthorconsequences.de