Dialog:

Über Rüstung und Abrüstung, Krieg und Frieden



Schon die antiken Philosophen wie Sokrates und Platon schätzten den Dialog als Mittel der Erkenntnisgewinnung. Heutzutage spielen sich Dialoge oft auch in Form von eMail-Korrespondenz ab. Einen solchen Dialog von Ende November 2024 habe ich hier aufgezeichnet und darf ihn mit freundlicher Genehmigung der Teilnehmer hier zur Kenntnis bringen. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes sind die wahren Namen durch Pseudonyme ersetzt.


Angestossen wurde der Dialog (oder Trialog?) durch einen Link zu der Besprechung eines Buches von Majken Jul Sørensen namens "Pazifismus heute: Ein Gespräch über Alternativen zum Krieg in der Ukraine" (siehe hier).


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Martin schreibt:



Hallo Heinz,

Zum Pazifismus: Ich habe zwei Seiten gelesen von Majken Jul Sörensen. Tolle Idee, aber:

jaa, wenn alle Völker auf dem gleichen Level wären, was Politik, Stabilität, Rüstung, Wohlstand, Zufriedenheit, keine Hungersnot, usw. betrifft, dann wäre Pazifismus der einzige, richtige Weg. Aber wie kommt man da hin? Entwicklungshilfe versucht das ja, aber sie reicht nicht. Und jetzt kommen noch die Auswirkungen vom Klimawandel dazu, die immer schlimmer werden!

Immer noch oder immer mehr, beuten die einen die anderen aus, bedrohen sie, überfallen sie, usw..

Der Satz: Wer Frieden will, muss sich für einen Krieg rüsten, gilt bis jetzt als der sicherste Weg zum Frieden. Also muss der Pazifismus noch warten. Da bin ich bei den Realo-Grünen.

Gruß, Martin


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Heinz schreibt:


Hallo Martin,

wenn ich Dich richtig verstehe, dann warten wir also auf den Sankt Nimmerleinstag, oder?



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Martin schreibt:

Hallo Heinz,

das wird wohl so sein. Mit der „Menschheit“ die wir haben, mit Völkern die sich ständig übervorteilen wollen, wird das mit dem Weltfrieden wohl nichts. Wir haben momentan ca. 47 Kriege weltweit.

Wenn die USA jetzt nicht Druck gemacht hätten, wäre Nethaniahu nicht bereit gewesen für die 60 Tage Waffenruhe.

... Meine E-Auto und Solar Bemühungen kann ich selbst verwirklichen und vielleicht ein wenig den anderen, die noch zögern, zeigen wie es geht. Beim Weltfrieden zeige ich auch wie es geht, in dem ich mit meinem Umfeld friedlich zusammenlebe. Aber wie wirkt sich das auf den Weltfrieden aus?? Wie veranlasst das Putin aufzuhören? Die Wirkung  ist gleich Null.

Was wäre, wenn der Mossad Putin entführen würde und erst nach 100 Tagen freilassen würde wenn der Krieg aufhört? Das hätte dann 100% Wirkung.

Gruß, Martin

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Paul schreibt:

Hallo Martin,

recht interessante Ideen zur Lösung internationaler Konflikte äusserst Du da: Der MOSSAD soll also den russischen Präsidenten entführen, und 100 Tage später bricht "Friede-Freude-Eierkuchen" aus?!?. Wieviele Todesopfer unter den Sicherheitskräften auf beiden Seiten wäre Dir das denn wert? Schliesslich werden die Bodyguards im Kreml kaum anders handeln, als es ihre westlichen Pendants tun würden.

Aber leider muss ich Dich enttäuschen: Auch so eine spektakuläre Aktion würde an der konkreten Politik der russischen Föderation kaum etwas ändern, weil auch alle potentiellen Stellvertreter oder Nachfolger dieselben INTERESSEN vertreten würden und müssten. Ich habe es schon so oft geschrieben, die Merksätze von Charles de Gaulle und Egon Bahr zitiert: STAATEN HABEN INTERESSEN !

Du schreibst, dass "[die] Völker sich ständig übervorteilen wollen" - aber sind es wirklich die VÖLKER? Oder sind es nicht eher die Eliten, die uns beständig einreden wollen, es ginge um "Wettbewerbsvorteile" im Verhältnis der Staaten bzw. Völker untereinander. Einen erhellenden Text dazu findest Du hier:
https://www.relevante-oekonomik.com/2024/11/21/der-draghi-irrtum-die-verbesserung-der-europaeischen-wettbewerbsfaehigkeit-ist-nicht-zielfuehrend-wer-mehr-produktivitaet-will-muss-eine-bessere-theorie-haben/
Und dass hier die Eliten einiger Länder z.B. in der Kriegsrhetorik (als dem "ultimativen Wettbewerb") deutlich mehr hervorstechen als andere, ist offenkundig.

Du schreibst also: "Der Satz: Wer Frieden will, muss sich für einen Krieg rüsten, gilt bis jetzt als der sicherste Weg zum Frieden."
Woher hast Du das? Aus einem Schulbuch? Ich dagegen erinnere mich an den Satz von Heinemann "Der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir uns bewähren müssen."

Hast Du denn ein historisches Beispiel für die Richtigkeit dieser These? Ich hätte dagegen schon mindestens 2 Gegenbeispiele:

a) Israel hätte am Morgen des 7. Oktober 2023 das sicherste Land in "Nahost" sein müssen, weil es doch unbestritten die bestgerüstete und schlagkräftigste Armee dort hatte. Noch dazu laufend unterstützt von der allermächtigsten Militärmacht der Welt, den USA. Trotzdem gab es den blutigen Überfall (oder Ausfall?) der Hamas-Kämpfer. Hätten 1000 Panzer mehr oder 100 Atombomben mehr das verhindert?
b) Deutschland war im Juli 1914 militärisch stärker als jede andere europäische Grossmacht und hatte in den Jahren davor sich dieser Stärke lauthals gebrüstet. Aber das hatte bei den Nachbarn nicht dazu geführt, vor kriegerischer Auseinandersetzung zurückzuschrecken. Im Gegenteil, je mehr man von solchen "Enthauptungsplänen" wie den Schlieffen-Plan wusste, desto entschlossener war man in den späteren Entente-Mächten, dem Widerstand zu leisten.
Dabei herrschte in den letzten 3 Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in Europa ein sehr stabil wirkender Frieden. Wo war der Unterschied?
Im Gegensatz zur Politik Bismarcks propagierten die Nachfolger eben Expansion und militärische "Stärke", sprich Aufrüstung.

Das habe ich ja schon [einmal] geschrieben:
"Deine Rüstung ist meine Bedrohung, meine Rüstung ist deine Bedrohung."

Und wenn wir das jetzt auf den Ukraine-Konflikt anwenden:
Durch die Hinzufügung immer neuer NATO-Mitglieder wuchs ja, von Russland aus gesehen, die Rüstung und damit Bedrohung erheblich.
Und die schon von Jelzin definierte rote Linie "NATO-Beitritt der Ukraine" wurde bewusst und fahrlässig überschritten.

Die jetzt noch amtierende Biden-Administration hat den Konflikt nun bewusst eskaliert - um dem Nachfolger eine De-Eskalation zu verunmöglichen?

Grüsse von

Paul



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Heinz schreibt:


Aber ist das nicht genau das, lieber Martin,

was Paul sagt und was ich inzwischen auch mehr und mehr festzustellen glaube:

IMMER MEHR WAFFEN führt zu IMMER MEHR KRIEGERISCHEN HANDLUNGEN!

???

Mit Handfeuerwaffen fängt es an und nach oben gibt es keine Begrenzung ... siehe auch Jürgen Grässlin usw.

also ABRÜSTEN !!! Putin, oder Biden oder Trump oder Erdogan oder Nethanjahu usw.

hin oder her.

 

Gruß Heinz

 
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Martin schreibt:

Hallo Paul:

Zu: Israel hatte sich zuvor seit vielen Jahren feindlich gegen die Hamas verhalten. Wenn 1 Israeli starb, mussten viele Male mehr als 10 Palästinenser sterben usw. Sie nahmen den Palästinensern laufend deren Land weg, usw. Sie haben damit rechnen müssen irgendwann angegriffen zu werden.

 

Gruß, Martin

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Paul schreibt:

Hallo Martin, hallo Heinz,

auch ich versuche immer, realistisch zu bleiben. Deswegen glaube ich nicht, dass man nur einfach allen Staatslenkern ein Buch wie das der Frau Sörensen auf den Nachttisch legen muss - und nach der Lektüre werden dieselben dann schon "vernünftig" werden und von selbst alle Armeen abschaffen. Nein, auf absehbare Zeit werden Armeen unausweichlich präsent sein. Die Frage ist eben, welchen Umfang diese Rüstung hat - in Relation vor allem zu den Nachbarstaaten. Ein mehr an Rüstung (Waffen, Heeresstärke etc.) muss beim Nachbarn Bedrohungsgefühle auslösen, auch wenn man selber sich für das allerfriedlichste Land hält (dass die Eigenwahrnehmung des "Wertewestens" diesbezüglich ohnehin schwer gestört ist, wird immer offensichtlicher).

Dann kommt eben die Rüstungsspirale in Gang, die schon aus sich heraus immer grössere Risiken produziert.

Nun ist die Abhilfe ja überhaupt kein Buch mit sieben Siegeln, sondern wurde ja vor allem in den 1970er Jahren mit den diversen Abrüstungs- und Rüstungskontrollvereinbarungen sehr erfolgreich vorexerziert. Da muss überhaupt nix neues erfunden werden, der damalige Slogan "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" ist und bleibt richtig. Und bei diesem Spiel muss die stärkere Seite den Anfang machen!

Wenn ich dagegen unsere Hobby-Generalstäbler in den Talkshows reden höre oder die Kommentare in den "Qualitäts"-Medien, wird mir schlecht.
Entweder sind diese Rüstungsprediger allesamt verrückt geworden, oder sie stehen unter dem Einfluss sehr dunkler Mächte.

Sollten wir tatsächlich im Februar wieder an die Wahlurnen gerufen werden, dann sollte klar sein, dass man die "Uniparty" (also die Kriegsparteien CDUCSUSPDFDPGrüne) keinesfalls wählen darf. Das ist jedenfalls meine Meinung. Übrigens sage ich das eigentlich schon seit Jahren...

Grüsse von

Paul

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Martin schreibt:


Hallo Paul, 

glaubst du die BSW oder die AFD Parteien würden uns vor Angriffen Russland schützen?

Gruß, Martin

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Paul schreibt:

Hallo Martin,
da könnte ich jetzt in hochnäsig-akademischen Ton sagen "da stimmen ja schon beide Prämissen nicht", aber ich will schon ernsthaft darauf eingehen.

Offensichtlich hast Du Angst, dass Russland "uns angreifen" wird oder will. Die Angst ist verständlich, sind doch die grossen Medien seit Monaten damit beschäftigt, genau diese Angst zu schüren. Und wenn die Frage wäre "Kann Russland uns angreifen?", müsste man ohne wenn und aber JA sagen, denn natürlich hat das Land Waffen und Soldaten. Allerdings haben auch andere Länder Waffen und Soldaten.

Militärisch angreifen könnten uns auch andere Länder. So wiederholt Polen ja alle paar Monate, dass man jetzt wirklich die Reparationsforderungen (aus dem 2. Weltkrieg) einfordern wolle. England könnte Frankreich angreifen, schliesslich sind die im Vertrag von Troyes der englischen Krone zugesprochenen französischen Länder immer noch von Frankreich "besetzt". Und zumindest nach Verteidigungsausgaben sind das ja durchaus militärisch "gleichwertig" ausgerüstete Länder.


Aber wenden wir uns doch einem recht aktuellen Fall von Angriff zu. Laut SPIEGEL und anderen einschlägigen Medien waren es ja jetzt die Ukrainer, die die Nordstreams gesprengt haben.
Also ein Angriff auf Deutschland bzw. eines seiner wichtigsten Infrastrukturobjekte, durchgeführt von einem NICHT-NATO-Land. Da müsste doch eigentlich der berühmt-berüchtigte "Artikel-5"-Verteidigungsfall ausgerufen werden? Vielleicht erwidert Du jetzt: "Das waren doch nur Hobbytaucher und Hobby-Terroristen, das dürfen wir der Ukraine nicht anlasten!". Aber so gesehen waren auch Bin-Laden und seine Flugzeug-Kaperkommandos vom 11. September nur "Hobbyflieger und Hobbyterroristen" - die waren ja sogar nur mit Paketmessern bewaffnet und nicht mit Hunderten Kilo Sprengstoff. Damals wurde allerdings tatsächlich der "Artikel-5"-Verteidigungsfall ausgerufen, und die Tatsache, dass das Land Afghanistan bestenfalls am Rande etwas mit Bin-Laden und den Anschlägen zu tun hatte, hat "uns", den "Wertewesten", nicht gehindert, das bettelarme Land zu bombardieren und zu besetzen. Wofür genau sind damals 54 Bundeswehr-Soldaten "im Felde" gestorben - von den Tausenden toten Afghanen ganz zu schweigen?


Freilich könnte Seymour Hersh ja doch recht haben, und es war die US-Regierung, die den Nordstreams "ein Ende bereitet haben". Wie sagt man in der Kriminologie: Fähigkeit, Gelegenheit, Anwesenheit am Tatort und Motiv "passen". Welche Art Verteidigungsfall müssten wir dann ausrufen?


Schon bei meinen obigen Beispielen (PL gegen D, UK gegen F) habe ich ein (theoretisches) Motiv beifügen müssen, damit aus der rein technischen Möglichkeit vielleicht wirklich eine Absicht und schliesslich eine Handlung werden könnte. Welches Motiv könnte also die Russische Föderation haben, uns zu "überfallen"? Von Fischer zu Pistorius und Marsala und den Edelfedern wird das immerzu behauptet, aber weder Du noch die Bundesregierung haben irgendeinen Beleg dazu auffinden können.

Allerdings, wenn sich Russland in seiner Existenz bedroht sieht, könnte es schon irgendwo und irgendwie zurückschlagen. Der beste Weg, dahin zu kommen, besteht darin, den Krieg in der Ukraine zu verlängern und in den Mitteln zu eskalieren. Willst Du das?

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In der Tagesschau erfahre ich, dass die SPD den kommenden Wahlkampf "inhaltlich" führen wolle, es wird von "Grundwerten" und "Zuversicht" gesprochen. Scholz & Co. stehen vor einer Werbewand, auf der lauter "Wir kämpfen für..." -Parolen stehen: "...deinen Lohn, deine Zukunft, deine Gesundheit, deine Zukunft, deine Sicherheit" etc. - aber das wichtigste Thema FRIEDEN kommt gar nicht vor.


Glaubst Du wirklich, dass so eine Partei Dich vor irgendetwas "schützen" wird? Natürlich werden Dich auch BSW oder AfD nicht davor schützen können, wenn dem senilen alten Herrn in Washington (oder wer immer da im Moment das Sagen hat) einfällt, jetzt noch kurz einen "begrenzten" Weltkrieg zu provozieren - wenn es nur Europa betrifft, wäre es für diese Leute "begrenzt" genug...

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Meine Empfehlung, NICHT die Kriegsparteien CDUCSUSPDFDPGrüne zu wählen, bedeutet nicht automatisch ein Votum für BSW oder AfD. Wer die dortigen Personen partout nicht mag, kann ja irgendeine andere Partei wählen, es gibt ja genug. Nur bitte nicht aus Denkfaulheit wieder die Figuren wählen, die uns in diese gigantische Sch... hineingeritten haben.

Grüsse von

Paul


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Schon seit 2017 verwende ich auf dieser Website die Schreibweise "CDUCSUSPDFDPGrüne" für das, was ich damals die "grosse Koalition der Selbstgefälligen" genannt habe (siehe Präsident Macron, Frau Özoguz und der Kulturkampf ). Ebenfalls 2017 habe ich im Text Fünf Gründe, warum anständige Menschen Frau Merkel nicht unterstützen können auf die schon unter Kanzlerin Merkel stattfindende Militarisierung hingewiesen. Mittlerweile ist die neue Einheitspartei eben zur Kriegspartei mutiert, denn schliesslich haben sich ja fast alle offiziellen oder herbeigeschriebenen Kanzlerkandidaten dieser Parteien (Merz, Pistorius, Habeck, Lindner) für die "Lieferung des Taurus", also die letztlich unkalkulierbare Ausweitung des Krieges, ausgesprochen. Nur Kanzler Scholz zögert (wohlbegründet!!!) noch.


(15.12.2024)





www.truthorconsequences.de