Stregda, der NSU - oder: Dank an die Feuerwehr


Glücklicherweise gibt es zahlreiche Frauen und Männer, die bei den Feuerwehren, bei Bergwacht, Seerettung und Sanitätsdiensten viel Mühe und Zeit aufwenden, um für den Notfall gewappnet zu sein, und die, wenn der Notfall eintritt, ihr Können, ihre Gesundheit und manchmal auch Ihr Leben einsetzen, um andere Menschen zu retten. Wir sollten diesen Menschen jene Hochachtung zollen, die Sie verdienen *1.


a) Die Feuerwehr

Hier soll es aber um Eisenach-Stregda und den ganz besonderen Einsatz der Eisenacher Freiwilligen Feuerwehr gehen, der am Mittag des 4. November 2011 erfolgte. Die Feurwehr war zu einem Fahrzeugbrand in Eisenach-Stregda gerufen worden, traf in kürzester Zeit vor Ort ein und begann, den Brand nach allen Regeln der Brandbekämpfung zu löschen. Binnen Minuten war der Brand gelöscht, und das Fahrzeug sah - zumindest äusserlich - kaum beschädigt aus.

Stellen wir uns vor, die Feuerwehr wäre erst 5 oder 10 Minuten später angerückt und hätte durch unsachgemässes Hantieren weitere Zeit verschenkt - dann wäre das Fahrzeug vermutlich deutlich stärker ausgebrannt, möglicherweise sogar fast total abgebrannt. Gewiss hätte man die im Fahrzeug befindlichen Leichen auch dann entdeckt und nach einiger Zeit auch identifizieren können - aber vieles andere wäre unwiederbringlich verloren gewesen. Allerdings wäre dann auch eine ganz spezielle Geschichte *2 viel glaubhafter geworden, nämlich jene, die uns Bundesanwaltschaft und die Verfassungsschutzämter seit über 5 Jahren erzählen, die aber immer weniger Bürger glauben wollen.


b) Die Legende

Was für eine Geschichte ist das ? Es ist die "offizielle" Geschichte, wie Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos (die beiden Männer im Trio namens 'Nationalsozialistischer Untergrund') an jenem 4. November zu Tode gekommen sein sollen. Denn deren Leichen waren es, die sich in jenem Wohnmobil befanden. Nach dieser "offiziellen" Geschichte haben Böhnhardt und Mundlos am Morgen des 4.11. in Eisenach eine Sparkassen-Filiale ausgeraubt, sind mit 2 Fahrrädern zum auf einem Baumarkt-Parkplatz abgestellten Wohnmobil zurückgefahren und haben dann das Wohnmobil in die Strasse "Am Schafrain" gelenkt und dort abgestellt. Als kurz nach 12 Uhr ein Streifenwagen der Polizei dort auftaucht und die beiden Polizisten sich dem Wohnmobil zu Fuss nähern, sollen binnen maximal 20 Sekunden 3 Schüsse gefallen sein. Schuss 1 soll in Richtung der Beamten abgefeuert worden sein, Schuss 2 soll Böhnhardt getötet haben, mit Schuss 3 soll sich Mundlos - nachdem er zuvor Böhnhardt erschossen hat - selbst gerichtet haben.


c) Die Zweifel

Wäre das Wohnmobil komplett ausgebrannt, so wäre diese Geschichte wohl ohne viel Widerspruch "rezipiert" worden. Aber aufgrund des Einsatzes der Feuerwehr ist das Fahrzeug eben nicht komplett ausgebrannt, und viele der vorgefundenen Details passen absolut nicht zur offiziellen Geschichte oder "Legende":

Und auch die Umstände des Polizeieinsatzes und der folgenden Spurensicherung wecken erhebliche Zweifel an der "Legende":


Wer nun noch irgendeine psychologische Logik in die offizielle Legende bringen will, verzweifelt vollständig. Wieso fahren die beiden Bankräuber nach vollbrachter Tat in dieses ruhige Wohngebiet, statt über die nahegelegene Autobahn zu flüchten ? Was machen Sie dort bis zum Eintreffen der beiden Polizisten - kochen sie sich etwa auf dem Wohnmobil-Kocher ein Süppchen ? Wieso feuern Sie angeblich zunächst mit einer Maschinenpistole einen Schuss auf die eintreffenden Polizisten ab, aber nutzen keine der 7 (sieben!) anderen Waffen, die sie im Fahrzeug zur Verfügung haben, als die MP (angeblich) Ladehemmung hat ? Woher kommt der Entschluss, sich nunmehr selbst zu töten, und wie kann er innerhalb von maximal 20 Sekunden abgesprochen und ausgeführt werden ? Wieso will Mundlos das Wohnmobil durch Brand vernichten - obwohl ihm klar sein muss, dass die Schusswaffen auch in verkohltem Zustand eine deutliche Spur zu den anderen Verbrechen weisen würden ? Und wenn er wirklich das Wohnmobil abbrennen will - wieso hantiert er umständlich mit Zeitungspapier in der Mitte des Wohnmobils, wenn er viel einfacher den Gasherd einschalten und brennbare Küchengegenstände (Frühstücksbretter, Plastikschüsseln etc.) darauf hätte plazieren können ?

Die erstaunlichste Antwort auf viele dieser Fragen findet ein Polizeipsychologe, der eine "spontane De-Radikalisierung" annimmt. Aber auch dann bleibt die Frage, warum sich die beiden NSU-Täter nicht einfach den Streifenpolizisten mit erhobenen Händen stellen ?


d) Die "Verschwörungstheorien" - alt und neu

Dieser Vorgang in Eisenach-Stregda hat tatsächlich viele Ähnlichkeiten mit der Geschichte um Lee-Harvey Oswald, dem angeblichen Kennedy-Attentäter. Hier wie da sind die angeblichen Mörder der irdischen Gerichtsbarkeit durch vorzeitigen Tod entzogen, hier wie dort gibt es eine umfangreiche offizielle "Legende", die aber haarsträubende Logikbrüche aufweist.

Ein Anwalt der NSU-Opfer hat im Zusammenhang mit den bekanntgewordenen Verstrickungen der "Dienste" in die NSU-Morde sehr treffend von "betreutem Morden" gesprochen. Wolfgang Schorlau lässt in seinem tatsachenbasierten Kriminalroman "Die schützende Hand" seinen fiktiven Ermittler Degler zur Schlussfolgerung kommen, dass die "Dienste" - also Landesämter für Verfassungsschutz und/oder das Bundesamt für Verfassungsschutz - direkt oder indirekt für den Tod der NSU-Männer verantwortlich sind.


e) Die Opfer, die Ermittler

In dem sehenswerten TV-Dreiteiler "Mitten in Deutschland: NSU" *4 stelllt einer der Ermittler die berechtigte Frage, warum denn die bekennenden Neonazis der NSU an keinem der Tatorte ein Zeichen oder Bekennerschreiben hinterlassen haben. Darauf antwortet ein Kollege: "Aber sie haben doch ein Zeichen hinterlassen - sie haben immer die gleiche Waffe benutzt". Wer sich noch an die Anschläge der RAF erinnert, bei denen immer zeitnah Bekennerschreiben oder Videos an die Öffentlichkeit gelangten mit den RAF-üblichen Symbolen und Formulierungen, oder aber an die vielen "rechten" Anschläge auf Asylantenheime, wo die typischen Symbole (Hakenkreuze) und Parolen ("Ausländer raus!") oft noch während der Tat angebracht wurden, der wundert sich schon. Ebenso erstaunlich: Für Ihre Morde fahren die NSU-Attentäter oft hunderte Kilometer durch Deutschland, um in Nürnberg, München, Kassel, Köln, Dortmund, Hamburg oder Rostock zuzuschlagen - aber den Heimatbereich Sachsen-Thüringen meiden sie. Im Film "Das Schweigen der Lämmer" gibt der zum Serienmörder mutierte Psychiater Hannibal Lecter der ermittelnden FBI-Beamtin Starling den weisen Hinweis "Man begehrt, was man sieht !" - der sie dann auch auf die richtige Spur führt. Tatsächlich kann man dieses Prinzip bei vielen Kriminalfällen bestätigt sehen. Und es gilt wohl auch für die andere grosse Emotion, den Hass: "Man hasst, was man sieht !". Finden Böhnhardt und Mundlos in Ihrer heimischen Umgebung niemanden, den sie hassen können - keine Ausländer, keine Asylbewerber, keine "Bonzen", keine Polizisten (die sie vielleicht ganz konkret bei den Rechts-Demos hart angefasst haben) ? Und dann kommt noch der Mord an Michelle Kiesewetter in Heilbronn hinzu - der aus der sonstigen Mordserie hervorsticht wie ein Wolf unter Lämmern. Hier ist alles anders - das bzw. die Opfer sind so "deutsch" wie Böhnhardt und Mundlos selbst, es wird nicht die "bewährte" Ceska-Pistole benutzt, es wird etwas entwendet (die Dienstwaffen der Polizisten). Und der einzige Grund, warum nunmehr dieser Anschlag auch der NSU hinzugerechnet wird, ist das Auffinden der Heilbronner Dienstwaffen im brandbeschädigten Wohnmobil.

Wenn das mehrmalige Benutzen der gleichen Waffe tatsächlich ein Zeichen war, so war es ja eines, das zuallererst den ermittelnden Polizeien zur Kenntnis gelangte. Sollte es, wann immer es auftrauchte, vielleicht genau das auslösen, was die diversen NSU-Untersuchungsausschüsse so heftig irritiert hat: das Vertuschen, das falsche-Fährten-Legen, das obstinate Decken von V-Leuten, das Akten-Vernichten ?


f) Das Ende

Am 4. November 2011 sind die NSU-Männer tot, und Beate Zschäpe stellt sich wenige Tage später der Polizei - nicht ohne vorher die gemeinsame Zwickauer Wohnung in die Luft gejagt zu haben. Und in den Resten dieser Wohnung finden nun die Ermittler genau das, was man bei Neonazi-Attentätern erwarten würden: Hetzschriften und Videos. Und unter diesen Videos eines, das sich als vergleichsweise aufwändig produziertes "Bekennervideo" erweist. Offenbar haben sich die drei Täter sehr intensiv mit der "Publizierung" ihrer Tat - zumindest im "Kameraden-Umfeld" - beschäftigt. War es vielleicht genau dieser Drang, endlich die spektakulären Aktionen auch nach aussen zu tragen, der die Geduld der "schützenden Hand" überstrapazierte ? War die Nützlichkeit dieser Gruppe als moderne Nachfolger der "Stay-behind"-Truppen des kalten Krieges nunmehr an ihr Ende gekommen ? Wie auch immer - der Tod der beiden Männer erfolgte gewaltsam, und er erfolgte - wenn man nicht plötzlich an metaphysische Kräfte glauben will - wohl von dritter Hand.


Bislang haben sich mehrere parlamentarische Untersuchungsausschüsse ihre metaphorischen Zähne am NSU-Komplex und dem merkwürdigen Corpsgeist bei den "Diensten" ausgebissen. Sofern uns kein Whistleblower dabei hilft, werden wir wohl noch lange auf die Wahrheit warten müssen. Aber die Frage, wozu etwa die Landesämter für Verfassungsschutz und das Bundesamt für Verfassungsschutz überhaupt "gut" sind, dürfen wir uns heute schon stellen. Ein früherer Ministerpräsident soll einmal gesagt haben, dass er aus den regelmässigen Verfassungsschutzberichten auf seinem Amts-Schreibtisch nie etwas erfahren konnte, was er nicht schon längst aus öffentlichen Quellen (Zeitungen, Radio, Fernsehen) bereits erfahren hatte *5. Der Demokratie wäre wohl besser gedient, wenn wir diese Behörden möglichst rasch auflösen würden. Die mindeste Begründung wäre wohl: "wegen erwiesener Unfähigkeit".


(Mai 2016)


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*1: Volker Pispers hat es einmal ungefähr so formuliert: "Stellen sie sich 2 Szenarien vor, in denen eine unbekannte Krankheit oder Seuche von einem auf den anderen Tag die Angehörigen ganzer Berufsgruppen umbringt. Im einen Szenario fallen plötzlich alle Unternehmensberater, Aktien-Analysten und Hedgefonds-Manager tot um - im anderen Szenario sterben urplötzlich alle Feuerwehrmänner, Krankenschwestern und Altenpfleger. Und dann fragen sie sich: Welches Szenario würde mich ganz persönlich mehr treffen ?"

*2: "Die Geheimdienste erzählen Geschichten, und manchmal unterlaufen ihnen dabei Fehler" - Wolfgang Schorlau

*3: In der Kriminalistik nennt man das wohl "Tatortwissen, das nur der Täter oder seine Mitwisser" haben können.

*4: Wenn die ARD will, kann sie immer noch sehr gute Sachen produzieren!

*5: So jedenfalls berichtete es Günther Jauch in einer seiner Sendungen, und seine Gesprächspartner (auch ein aktiver Ministerpräsident) haben dem nicht widersprochen.