Weltregierung und GOSPLAN





1. Auch wer nicht zu Pessimismus neigt und das Hin- und Hergeschiebe des Minutenzeigers auf der "Doomsday Clock" des Bulletin of the Atomic Scientists eher albern findet - als aufmerksamer Leser, Zuhörer und Zuschauer von Nachrichten findet man reichlich Anlass, besorgt zu sein über den Zustand und die Zukunft der Menschheit. Da muss man gar nicht auf den Hype um den neuen US-Präsidenten Trump zurückgreifen - man kann auch einmal eine Sendung "Tagesschau vor 25 Jahren" anschauen und findet reichlich Themen, die nach wie vor einer Lösung harren:

- Palästina-Israel-Konflikt - ungelöst,

- Hunger in Afrika - nach wie vor endemisch,

- Terroristen aller Couleur - trotz US-offizieller Kriegserklärung ("war on terror") immer noch nicht abgeschafft, sondern eher auf dem Vormarsch

- Klimapolitik - trotz immer gigantischerer Grosskonferenzen immer weniger konkrete Ergebnisse

Und wem das alles noch nicht reicht, findet noch jede Menge Kriege oder "small wars", um - je nach Temperament - in Sorge, in Zorn oder Niedergeschlagenheit zu verfallen.

Vor einiger Zeit hat sich eine Person der Zeitgeschichte ebenfalls darüber Gedanken gemacht:

"Wir alle ahnen, dass in ferner Zukunft Probleme an den Menschen herantreten werden, zu deren Bewältigung nur eine [Elite], gestützt auf die Mittel und Möglichkeiten eines ganzen Erdballs, berufen sein wird."

Lassen wir für einen Moment die Frage nach dem Verfasser dieser Zeilen beiseite (ist es vielleicht eine ungeschickte Übersetzung einer jener mitreissenden Reden des früheren US-Präsidenten Obama? Oder ein Zitat von Winston Churchill, der ja schon einmal von den "Vereinigten Staaten von Europa" sprach? Oder gar eine Überlegung von EU-Kommissionspräsident Juncker?).

Jedenfalls hat der implizierte Gedanke einer Weltregierung schon eine gewisse Logik. Gewiss wäre der Entscheidungsfindungsprozess wohl etwas schwieriger als bei einer klassischen Nationalstaats-Regierung - aber wenn dann eine Entscheidung gefunden wäre, so könnte endlich "durchregiert" werden (um eine Formulierung unserer Kanzlerin aufzugreifen). Die Weltregierung könnte endlich durchsetzen, was bislang allzu oft als unverbindliche Absichterklärung auf internationalen Konferenzen recht folgenlos blieb.

Natürlich müsste eine solche Weltregierung auch mit einer "Weltinnenpolizei" ausgerüstet werden, die im Zweifelsfalle eben diese Entscheidungen auch erzwingen könnte. Eine, die gegebenenfalls unbotmässige "Lokalpolitiker" absetzen, evt. gar verhaften könnte, die aber auch z.B. unrechtmässig betriebene Kohlekraftwerke oder ähnliche Schadstoffverursacher stillegen müsste (oder mindestens die Verantwortlichen festsetzen oder ähnliches). Die, wenn sie auch von der Weltregierung ebenso wie vom "Vorläufer" UNO als illegal deklariert worden wären, jüdische Siedlungen in den Palästinersergebieten nötigenfalls gewaltsam räumen müsste. Und so weiter und so fort ...



2. Im Moskau der Sowjetzeit gab es eine Behörde (oder dem Namen nach ein "Komitee"), welche unter anderem die Herstellung der hierzulande als "Konsumgüter" bezeichneten Waren in 5-Jahres-Rhythmen vorauszuplanen hatte: das GOSPLAN.

Das darf man sich dann beispielsweise für den Bereich "Schuhe" vielleicht so vorstellen, dass in einem vermutlich tristen Amtsgebäude eine Arbeitsgruppe damit beauftragt war, den Bedarf der Sowjetbürger an Schuhen zu planen und die staatseigenen Schuhfabriken nicht nur mit den dafür nötigen Rohstoffen und Arbeitskräften auszustatten, sondern auch die Verteilung mit den notwendigen Transportmitteln sicherzustellen und auch für entsprechende Abgabestellen ("Schuhgeschäfte") in der Tiefe des Landes zu sorgen. Und da ja die "Konstruktion" des Schuhwerks auch den Bedarf z.B. an Leder bestimmt, gab es möglicherweise auch Dinge vorzuplanen, die wir eher als "modische" Details einordnen würden: Stiefeletten oder Halbschuhe, Schnürsenkel oder Schnallen, Ziernieten oder andere Applikationen etc.

In der Summe hat diese zentralgelenkte "sozialistische Planwirtschaft" zwar wohl dafür gesorgt, dass die meisten Sowjetbürger mit irgendeinem Schuhwerk ausgerüstet waren. Aber vermutlich oft mit Schuhen, die den modischen oder praktischen Anforderungen der Bürger nicht entsprachen. Und überhaupt war in den "realsozialistischen" Staaten zeitlebens das Grummeln über echte oder gelegentlich auch nur eingebildete "Versorgungsengpässe" nicht zu überhören.

Mit anderen Worten: Das Unbehagen über die "sozialistische Mangelwirtschaft" und ihre schlechte "Bedürfnisbefriedigung" hat sicher ganz entscheidend zum letztendlichen Untergang von DDR, UdSSR und den anderen Ländern des Ostblocks beigetragen. Wobei nachzutragen wäre, dass "Mangelwirtschaft" nicht immer gegeben war - nicht selten wurden auch Güter in zu grossen Mengen produziert - etwa bei Brot, dass zeitweise so reichlich vorhanden und so billig war, dass es Bauern zum Füttern der Schweine verwendeten.

Oder im Falle der fernwärmegeheizten Wohnungen, bei denen man oft an Regulierventilen sparte und die Bewohner zur Temperaturregulierung auf das Öffnen der Fenster verwies.

Insofern wäre der Begriff "realsozialistische Fehlsteuerungs-Planwirtschaft" angebrachter - aber das nur nebenbei.



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Wenn man Mitte der 1970er Jahre etwa mit einem Jungliberalen über diese (auch damals schon erkennbaren) Mängel der Planwirtschaft sprach, so wurde sehr oft darauf abgehoben, dass die fortschrittliche (kapitalistische) Marktwirtschaft nicht nur keiner zentralen Steuerung bedürfe, sondern gerade weil sie keine Zentralplanung kenne, so zielgenau die Konsumwünsche der Mitmenschen erfüllen könne.

Gerade weil eine Vielzahl von individuell geführten Schuhgeschäften um die Gunst der Kundschaft ringe, würden diese das "Bedürfnisprofil" nur umso genauer erst an die Grosshändler und dann an die verschiedenen, wiederum in heilsamer Konkurrenz zueinander stehenden Schuhfabriken weiterreichen. Natürlich sei nicht ausgeschlossen, dass es dabei hin und wieder zu Fehlentscheidungen Einzelner der betroffenen Unternehmer komme - aber indem der Markt diese dann mit verringertem Absatz bestrafe und möglicherweise gar ganz "vom Markt" nehme, sei eben das Ziel der optimalen "Bedürfnis-" oder "Konsumwunsch-Befriedigung" nur umso perfekter erreicht.

Insgesamt eigentlich ein geradezu "regionalistischer" Gegenentwurf zur zentralstaatlichen Planung, ein Entwurf, der gerade auf die unabhängige Entscheidungsfindung der beteiligten "Einheiten" setzt.



3. Das Zitat in Absatz 1 ist von mir an einer kleinen Stelle "entschärft" worden, nämlich durch den Begriff [Eliten]. In vollem Wortlaut zitiert: "Wir alle ahnen, dass in ferner Zukunft Probleme an den Menschen herantreten werden, zu deren Bewältigung nur eine höchste Rasse als Herrenvolk , gestützt auf die Mittel und Möglichkeiten eines ganzen Erdballs, berufen sein wird." *1

Wer nun Böses ahnt, hat vollkommen recht: Das Zitat stammt von Adolf Hitler! Allerdings hatte der Europapolitiker Hitler (etwas sträubt sich dagegen, ihn so zu nennen - aber ein solcher war H. sowohl der Intention als auch dem Effekt nach tatsächlich*2) - dieser Europapolitiker H. hatte etwas, was viele der heutigen wohl eher nicht haben: einen Plan.

Hitlers Plan hatte 3 Stufen: In der ersten sollte ganz (Kontinental-) Westeuropa unter deutsche Führung gebracht werden, in der zweiten sollte dieses Gross-Deutschland das "Riesenreich im Osten", eben die Sowjetunion, zu Fall bringen und schliesslich in der dritten Stufe, möglicherweise nach einer gewissen Konsolidierungsphase, mit den gesammelten Ressourcen der Landstriche "von der Maas bis an den Ural" schliesslich den Endkampf mit den USA um die Weltherrschaft aufnehmen. Und als glorioses Endziel dann eine "deutsch" oder "germanisch" oder wenigstens "arisch" beherrschte Weltregierung.

Hitler selbst wollte zu Lebzeiten wenigstens Stufe 1 und 2 in Angriff nehmen. Und man muss ihm zubilligen, dass er Stufe 1 ja im Wesentlichen "hinbekommen" hat und mit Teil 2 zumindest recht weit gekommen ist.

Dass alle diese Pläne nur um den Preis von ganz buchstäblich Bergen von Leichen zu erreichen waren, war den Hellsichtigen unter Hitlers Zeitgenossen schon damals klar.


Wieso dieser Rekurs auf Hitlers grössenwahnsinnige Pläne? Weil mein "Lieblingshistoriker" Sebastian Haffner (auch) daraus den Schluss zog, dass eine Weltregierung wohl nur um den Preis eines vorher vollzogenen Welteroberungskrieges zu erreichen sei.

Aber auch wenn man diese Überzeugung für zu pessimistisch hält: Wenn das Projekt "Weltregierung" nicht eine vollkommen unverbindliche Utopie bleiben, sondern den Rang eines konkret erreichbaren Politikzieles erhalten soll, dann müsste es ja auch einen irgendwie greifbaren Zeithorizont bekommen, damit Menschen sich überhaupt dafür einsetzen sollen und können. Dann reden wir über 15, 20, 30 oder höchstens 40 Jahre.

Denken wir weiter positiv und nehmen wir einmal an, dass es in 25 Jahren tatsächlich wundersamerweise eine Weltregierung geben würde. Klar wäre aber auch, dass sich die unterschiedlichen Interessen und laufenden Konflikte der Regionen und Länder dadurch nicht einfach in Luft aufgelöst haben würden. In Absatz 1 habe ich einige Themen angerissen, die vermutlich auch dann noch Konfliktpotential haben würden (Palästina/Israel, Terroristen, Klimaverschmutzer, Hunger und Flüchtlinge). In nicht wenigen Fällen müsste die Weltregierung dann ihre Entscheidungen mit Gewalt, also mittels der "Weltinnenpolizei", durchzusetzen versuchen.

Spätestens an dieser Stelle ist es wohl naiv anzunehmen, dass diese Kräfte von den lokalen Bevölkerungen nicht oft als Besatzungstruppen wahrgenommen werden würden - ganz so wie z.B. die "Royal Ulster Constabulary" im Nordirland der 1970er bis 1990er Jahre von den Nordiren überwiegend als Besatzungarmee wahrgenommen wurde (auch von denen, die z.B. der IRA ablehnend gegenüberstanden).

Es könnte also durchaus sein, dass die schöne Utopie der Weltregierung nolens-volens in eine furchtbare Dystopie umkippen könnte.



4. Eine Weltregierung anzustreben (und sich von ihr die Lösung der "Weltprobleme" zu erhoffen), erscheint mir deshalb nicht sinnvoll.

Meine Gedanken dazun würden sich eher an dem Gegensatzpaar "Planwirtschaft" und "Marktwirtschaft" (siehe GOSPLAN in Absatz 2) orientieren. Also statt einem vermutlich unerreichbaren Ideal einer globalen "Politikplanung" nachzuträumen, eher auf die unabhängige Entscheidungsfindung der Länder oder Regionen setzen. Ich habe auf diesen Seiten schon mehrfach auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker hingewiesen - genau dieses gilt es m.E. zu stärken. Und spiegelbildlich zum Selbstbestimmungsrecht wäre auch die Selbstverantwortung der Völker (Staaten, Nationen) einzufordern.

In so einem System können auch Zölle eine sinnvolle Rolle spielen, gerade für die "unterentwickelten" Länder. Heiner Flassbeck hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der wirtschaftliche Aufstieg der Länder Europas nicht zuletzt auf der Anwendung von Zöllen beruhte, die es erlaubten, eine heimische Industrie auch dann aufzubauen, wenn diese in den Anfangsphase eben nicht voll konkurrenzfähig zu anderen Ländern war.

In den Handelsabkommen, die z.B. die EU mit vielen Ländern Afrikas abschloss, ging es aber meist genau andersherum: Da wurde "freier Marktzugang" für europäische Güter gefordert und erhalten, der oft genug die heimischen Industrien dezimierte. Besonders widersinnig bei den Agrarprodukten, wo durch die abgebauten Zollschranken die hoch subventionierten EU-Erzeugnisse viele heimische Erzeugnisse (und oft auch gleich die verarbeitenden Industrien) vom Markt verdrängten.

Würde das einem erbitterten ökonomisch-politischen "Hauen und Stechen" den Weg bereiten? Ich glaube eher nicht, denn das Beispiel der allierten Reparationsforderungen nach dem ersten Weltkrieg zeigt ja, dass selbst die erbittertsten Gegner in solchen Fällen *3 die Kuh nicht umbringen wollen, die sie zu melken trachten.

In dem Sinne, dass eine solche Neubetonung von staatlicher Souveränität auch die wirtschaftlichen Beziehungen wieder mehr regionalisieren würde, wäre eine solche Politiklinie sicher abträglich für "die Globalisierung" und "den Welthandel". Freilich ist eine Diskussion darüber, wie und wem "die Globalisierung" und "der Welthandel" nützen und schaden, ja ohnehin lange überfällig.

Ein grosser Vorteil dieser (Re-)Fokussierung auf Staaten und Länder und deren Selbstbestimmung bestünde darin, dass man eigentlich nichts neu "erfinden" muss - das ganze System etwa der UNO fusst ja gerade auf der Interaktion autonomer Staaten.



Natürlich werden auch in einem solchen System sich nicht alle Probleme in Luft auflösen, und für viele Bereiche werden internationale Konferenzen nach wie vor nötig bleiben. So ist etwa beim Klimaschutz eine "bilaterale" Schaden-Nutzen-Bilanz bezogen z.B. auf die chinesischen Kohlekraftwerke gar nicht so einfach aufzustellen. Andererseits wäre man nicht mehr gezwungen, nun auf Biegen und Brechen Klimapolitik im Weltmassstab umzusetzen, sondern könnte in kleinerem Rahmen vielleicht eher zu Ergebnissen kommen.



5. Ein interessanter Aspekt ist, dass die Probleme von GOSPLAN, alle Sowjetbürger optimal mit Konsumgütern zu versorgen, sich in den ganz grossen Weltkonzernen möglicherweise wiederfinden lassen. So kann man sich denken, dass z.B. der Weltkonzern NIKE auch nicht über die "Bedarfs"- oder Absatzsituation in allen Weltgegenden so informiert ist, wie es für eine wirklich optimale Produktions- und Distributions-Planung erforderlich wäre.

Allerdings hat NIKE auch, anders als GOSPLAN, keine konkreten Produktionsvorgaben zu erfüllen (etwa wenn der letzte KPdSU-Parteitag "10% mehr Schuhe für die Sowjetbürger" forderte), sondern setzt sich Renditevorgaben. Und diese können nicht nur durch höheren Absatz, sondern auch durch Einsparungen z.B. beim Lohn erreicht werden. Und so hat sich ja fast die komplette Bekleidungsindustrie in den letzten Jahren auf eine Tour begeben, die von einem Niedriglohnland zum nächsten führte (Türkei, China, Bangladesh etc.).

Man könnte sich weiter fragen, ob das Planwirtschaftsmodell a la GOSPLAN vielleicht nur an unzureichender Informationsübermittlung und -Verarbeitung gescheitert ist.

Tatsächlich hat sich in den 1970er Jahren der "Management-Kybernetiker" Stafford Beer sehr intensiv mit EDV-gestützter Wirtschaftssteuerung befasst (wer dazu mehr erfahren will, lasse die Suchmaschine seiner Wahl einmal nach "chilenischer Telex-Sozialismus" fahnden).

Jedenfalls wäre denkbar, dass eine mit leistungsfähiger moderner IT-Kapazität ausgestattete und mit hunderttausenden mobilen elektronischen "Bedarfsermittlungsgeräten" vernetzte Planbehörde tatsächlich ihren Auftrag zur Zufriedenheit aller Sowjetbürger hätte erfüllen können.



6. Tatsächlich erleben wir ja gerade den Aufbau ganz neuer wirtschaftlicher Konglomerate, die sich genau auf modernste IT-Kapazität und ständig vernetzte mobile Erfassungsgeräte (unsere heissgeliebten Smartphones) stützen. Die Serverfarmen und Software-Entwicklungen, die GOOGLE, AMAZON, eBAY, UBER und Co. nutzen, sind ja das leistungsfähigste, was es im zivilen Bereich überhaupt gibt. Aber diesen Firmen gemeinsam ist auch ein unbändiger Drang zur Monopolisierung mindestens "ihres" jeweiligen Marktes, ja sie sehen sich gerade als "der Markt" selbst - und auch für die Kunden scheint es nur Sinn zu machen, sich bei seinen "Marktanfragen" auf nur je einen Anbieter oder ein Portal zu konzentrieren.



Kommen wir also über den Umweg der hochgradigen Digitalisierung und Monopolisierung auf Basis der Mega-Internet-Firmen am Ende doch zu einer Art "Wirtschafts-Weltregierung" - sozusagen "kostenlos" ?

Schliesslich scheinen doch alle diese Konzerne extrem besorgt, unsere innigsten Wünsche (sofern sie sich digital erfassen lassen) zu ermitteln, zu verfolgen ("tracken"), abzuspeichern und in "Big-Data"-Operationen auszuwerten. Müssen wir einfach nur ein bisschen abwarten, bis diese Meta-Maschinen einen Grad von Kenntnis und Intelligenz erreicht haben, der endlich zur optimalen, nunmehr computergenau ermittelten Bedürfnisbefriedigung führt?

Wer davon träumt, vergisst, dass das Hauptziel dieser Firmen natürlich nicht eine wie auch immer qualitativ einzuschätzende "Bedürfnisbefriedigung" ist, sondern die Rendite oder der "Shareholder value".

Und folglich wird nicht zwangsläufig das produziert oder vertrieben, was "alle wollen", sondern oft genau das, was "niemand will": Beton-Wohnburgen an den Stadträndern, Genfood auf den Äckern, zivile Panzerwagen (vulgo "SUVs") auf den Strassen, pink lackierte echte Schusswaffen für Grundschulkinder (USA) …

Und es ist ja klar erkennbar, dass auf der einen Seite massiv vorhandene Bedürfnisse nicht befriedigt werden (sauberes Trinkwasser in vielen Gegenden Afrikas und Asiens, wettersichere Behausung ebendort, ein Minimum an medizinischer Versorgung [dieses auch z.B. in den USA], freie Bildung für die Kinder, gentechnik- und pestizid-freie Nahrungsmittel usw.), auf der anderen Seite aber "Bedürfnisse" erst aufwändig generiert werden müssen (nach dem immer grösseren Auto, dem jährlich zu wechselnden Mobiltelefon, nach immer mehr Fernreisen, nach immer teureren Kaffeemaschinen etc.).

Versucht man das von einer "höheren" oder gesamtgesellschaftlichen Warte aus zu sehen, dann muss auch den "entwickelten modernen Industriestaaten" bescheinigt werden, unter gigantischen ökonomischen Fehlsteuerungen zu leiden.

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Mir scheint jedenfalls, dass den Menschen und der Erde (der "Umwelt") eine regionalisierte und eben nicht zentralisierte Wirtschaft besser bekommen würde.



(März 2017)



*1 Zitiert nach Sebastian Haffner, "Anmerkungen zu Hitler", Seite 79

*2 Jedenfalls hat niemand sonst im 20. Jahrhundert eine so gewaltige Umorganisation Europas geplant. Dass das Ergebnis von Hitlers Wirken dann ein ganz anderes als das "geplante" war, ändert wiederum nichts daran, dass auch dieses wieder "gewaltig" war.

*3 Diese scheinbar astronomischen Forderungen wurden in den wenigen Jahren von 1919 bis 1933 in mehreren Konferenzen immer wieder herabgesetzt oder gestundet und waren schon für die späte Weimarer Republik keine ernsthafte ökonomische Last mehr.

Vielleicht sollte man einmal zu post-kolonialen Wiedergutmachungskonferenzen einladen und dort versuchen, den in Jahrhunderten von den "Nordländern" angerichteten Schaden wenigstens näherungsweise zu beziffern?