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Katastrophen damals und heute
1. Was macht ein Ereignis zur Katastrophe? Dazu sind verschiedene Definitionen im Umlauf - warum eigentlich? Nun offenbar spielt da die Perspektive eine wesentliche Rolle. Wenn Eltern ein Kind durch einen Verkehrsunfall verlieren, so wird kaum jemand zögern, dies eine Katastrophe für die Eltern zu nennen. Für die bundesrepublikanische Öffentlichkeit ist aber weder dieses Einzelschicksal noch die rund 3000 Verkehrstoten, die jährlich insgesamt zu beklagen sind, eine Katastrophe, sondern (unerfreuliche) Begleiterscheinung des modernen Lebens. Was wird nun in der öffentlichen Wahrnehmung zur Katastrophe? Wenn wir bedenken, dass der Untergang der "Titanic" nach über 100 Jahren immer noch den meisten als Schiffs-Katastrophe präsent ist, der weit mehr Menschenleben fordernde Untergang der "Wilhelm Gustloff" (vor "nur" 75 Jahren) jedoch eher nicht, dann scheinen da andere Faktoren als die reine Opferzahl oder der zeitliche Abstand eine Rolle zu spielen *1.
Covid-19, das absolut beherschende Thema des Jahres 2020, wird nun von den meisten Medien als Katastrophe dargestellt. Hier möchte ich versuchen zu ergründen, warum das so ist und aus welchen Quellen sich diese Beurteilung speist.
2. Unzweifelhaft ist im 21.Jahrhundert, weit mehr als im 20. oder gar dem 19. Jahrhundert, ein gigantischer Überfluss an Nachrichten auf allen Kanälen vorhanden - zumindest in den Industriestaaten dieser Welt. Oftmals finden dann Nachrichten im Zusammenhang mit bekannten Namen, "Prominenten" oder "Personen des öffentlichen Lebens", mehr Beachtung als andere. Diese Prominenten haben dann quasi die Funktion von Leuchttürmen, die aus dem Meer der öffentlichen (Un-)Aufmerksamkeit herausragen. Als beispielsweise der damals weltbekannte Schauspieler Yul Brynner Ende der 1970er Jahre in Interviews eindringlich vor den Gefahren des Rauchens warnte (bei ihm war damals gerade Lungenkrebs diagnostiziert worden, an welchem er dann auch sterben sollte), so stand er damit am Anfang einer Entwicklung, die heute Rauchen an den meisten öffentlichen Plätzen verbietet und auch die Werbung für Tabakwaren fast komplett untersagt hat. Ende der 1980er machte der damals populäre Schauspieler Rock Hudson damit Schlagzeilen, dass er sich nicht nur erstmals öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte, sondern auch seine HIV-Erkrankung zugab. Zusammen mit dem Engagement anderer "Personen des öffentlichen Lebens" waren solche Nachrichten Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung, die dazu führte, dass Homosexualität heutzutage weit mehr als früher akzeptiert ist. Und der Kampf gegen HIV wurde als eine sinnvollen staatliche und/oder karitative Aufgabe aufgefasst. Als ich vor ein paar Wochen in der Wikipedia über eine "Liste prominenter Covid19-Todesopfer" stolperte, erwartete ich eigentlich, dort - sozusagen im Sinne der "Leuchtturmtheorie" - zahlreiche auch mir bekannte Namen zu finden. Und um nicht allzusehr Opfer der persönlichen Blickfeldverengung zu werden, habe ich das für eine kleine Umfrage im Bekanntenkreis genutzt. Und das Ergebnis? Wenn wir als Bedingung für "Prominenz" als Mindestbedingung nennen würden, dass ein Prominenter mehr als einer Person bekannt sein sollte, so hatte nur eine Person aus der damals (16.12.) genau 363 Personen umfassenden Liste den Rang der Prominenz, nämlich Valery Giscard d'Estaing. Der frühere französische Staatspräsident war Anfang Dezember mit 94 Jahren verstorben. Das Umfrage- und Listenergebnis hat mich angesichts einer "pandemischen Katastrophe", die nun je nach Bezugspunkt schon 9, 10 oder 12 Monate "wütet", doch etwas verblüfft. Liess sich aus der mit soviel Akribie von den "Wikipedianern" zusammengetragenen Liste noch etwas "allgemeingültiges" herauslesen? Zumindest konnte ich anhand der Altersangaben die Altersverteilung dieser "Promi"-Opfer mit der allgemeinen Altersverteilung der Covid-19-Toten in Deutschland vergleichen:
Da gibt es also durchaus Differenzen, was man bei einer im Prinzip ja arbiträren Stichprobe (wie es die "Promi"-Liste darstellt) auch erwarten kann. Andererseits auch hier die klare "Ballung" bei den über 70-jährigen - 3 von 4 "Promi"-Toten waren älter als 70 Jahre, in der Gesamtbevölkerung gar fast 88%.
3. Arthur Conan Doyle lässt in einer seiner berühmten "Sherlock Holmes"-Geschichten seinen Helden folgende Frage an den Adlatus Dr. Watson richten: "Ist Ihnen nichts Ungewöhnliches im Zusammenhang mit den Hund aufgefallen?" Dr. Watson, arglos wie immer, antwortet: "Nein, da war doch nichts mit dem Hund." Worauf Sherlock Holmes triumphierend entgegnet: "Das ist es ja gerade! Der Hund hat nicht gebellt, obwohl er doch hätte bellen müssen!" Es hat also durchaus Sinn, sein Augenmerk auch einmal darauf zu richten, was nicht da ist, was sich nicht ereignet, obwohl es sich doch üblicherweise hätte ereignen müssen. Und mit dieser Sherlock'schen Methode im Sinn ist das Bemerkenswerte an der obengenannten Liste das Fehlen reicher Menschen. Reiche Menschen scheinen bislang nicht Opfer von Covid-19 geworden zu sein, obwohl - wie uns doch immer berichtet wird - "Covid keine Grenzen kennt". Liegt diese auffällige Abwesenheit in der "Promi"-Liste daran, dass reiche Menschen den "Wikipedianern" eher unbekannt sind? Oder aber daran, dass reiche Menschen eher jung sind? Nein, es gibt sogar mehrere "Reichen"-Listen in Wikipedia (Europa, USA, Welt), und darunter findet man dann ohne Mühe auch zahlreiche Menschen aus der oben als "Risikogruppe" eingestuften Altersgruppe über 70: Pallonji Mistry (Irland) 90 Warren Buffett (USA) 90 Sheldon Adelson (USA) 87 Leonardo Del Vecchio (Italien) 84 John Mars (USA) 84 Charles Koch (USA) 84 Leonard Lauder (USA) 83 Amancio Ortega (Spanien) 83 Jim Simons (USA) 82 François Pinault (Frankreich) 82 Phil Knight (USA) 82 Jacqueline Mars (USA) 80 Dieter Schwarz (Deutschland) 79 Slim Helú (Mexiko) 79 Gianluigi Aponte (Schweiz) 78 Heinz Hermann Thiele (Deutschland) 78 Michael Bloomberg (USA) 77 Larry Ellison (USA) 76 Hasso Plattner (Deutschland) 75 Dietrich Mateschitz (Österreich) 75 Rob Walton (USA) 75 Stephen Schwarzman (USA) 73 Jim Walton (USA) 72 Stefan Persson (Schweden) 71 Karl Albrecht jr. (Deutschland) 71 Uns Deutschen könnten aus obiger Liste die "ALDI"-Albrechts, der "LIDL"-Schwarz oder der "SAP & Fussballclub"-Plattner bekannt sein. Und auch unterhalb dieser sehr reichen Weltbürger gibt es ja auch nicht ganz so reiche, aber in der BRD prominente Namen wie Ackermann, Pierer, Beckenbauer und andere, die es sicherlich in Prominenten-Listen der einen oder anderen Art schaffen könnten. Aber wundersamerweise musste keiner dieser Namen in die Liste der Covid-"Promi"-Toten aufgenommen werden. Und um Missverständnissen vorzubeugen: Das ist ja auch gut so, auch Reichen und Prominenten ist ein langes, von Krankheit verschontes Leben zu gönnen. Mit dem kühlen Blick eines Medizin-Statistikers betrachtet könnte man Covid-19 eine "Rentner-Krankheit" nennen. Und ein Soziologe würde ergänzen, dass es offensichtlich eine "Armen"-Krankheit oder wenigstens eine Krankheit der "nicht-Reichen" zu sein scheint.
4. Sind es immer die Chinesen? Jedenfalls breitete sich im Jahre 1968 von Hongkong aus eine Grippewelle aus, die dann in der Folgezeit kurzerhand "Hongkong"-Grippe genannt wurde. Im knappen *2 Wikipedia-Artikel dazu heisst es: "Genaue Fallzahlen sind ... nicht erhoben worden, allerdings wurde im Nachhinein eine Übersterblichkeit von rund 40.000 Toten für die Bundesrepublik zwischen September 1968 und April 1970 ... festgestellt." Damit kann man die damalige Hongkong-Grippe doch schon etwas ins Verhältnis setzen zur heutigen Covid-19-Epidemie. Zunächst einmal müssen wir die genannten 40'000 Toten für die "alte" BRD von 60 Millionen Einwohnern sozusagen "hochrechnen" auf die heutige BRD von rund 83 Millionen Einwohnern, dann wären wir bei einer Zahl von etwa 55'000 Fällen. Dann muss man den damaligen Beobachtungszeitraum (20 Monate) reduzieren auf den jetzigen Zeitraum, den wir von März 2020 (erste gemeldetete Covid-Tote) bis heute, also 10 Monate, festlegen können. Dann wären wir bei etwas mehr als 27'000 Hongkong-Grippe-Opfern für eine 10-Monatsperiode damals (wobei sich die Mortalität damals sicherlich auch eher in Wellen denn in gleichmässigen Monatszahlen manifestiert haben dürfte). Diesen 27'000 "Hongkong"-Opfern in 10 Monaten stehen nun (RKI, Stand 26.12.2020) 29'422 "im Zusammenhang mit Covid-19 Verstorbene" gegenüber. Wenn wir bedenken, dass die Covid-Zahlen keinesfalls gleichbedeutend mit Übersterblichkeit sind - denn unbestritten ist in vielen dieser Todesfälle Covid nur eine Begleiterscheinung anderer "Morbiditätsursachen" - liegt der Schluss nahe, dass es damals in der BRD eine schlimmere Epidemie gab als nun mit Covid. Nun bin ich mit Jahrgang 1959 alt genug, um mich doch noch an zahlreiche Begebenheiten aus den Jahren 1968 bis 1970 zu erinnern. Sowohl Vietnam-Krieg samt TET-Offensive von 1968, die Apollo-Mondflüge als auch die Ablösung der Kiesinger-Regierung durch die sozialliberale Regierung unter Brandt sind mir gut erinnerlich. An was ich mich jedoch definitiv nicht erinnern kann sind epidemie-bedingte Schulschliessungen, Maskentragen im öffentlichen Raum, Ausgangssperren oder behördlich verordnete Geschäftsschliessungen. Um auch in diesem Fall persönliche Blickfeldverengungen auszuschliessen, habe ich einige "ältere Semester" zu dieser Epidemie-Periode von 1968-70 befragt, und auch diesen Personen waren keine Epidemie-bedingten Einschränkungen erinnerlich. Schliesslich habe ich noch die Titelbilder des Magazins DER SPIEGEL für diese 3 Jahre gesichtet (hier zu finden) und habe nicht einen einzigen Hinweis auf "Pandemie", "Epidemie" oder auch nur "Grippewelle" gefunden. Möglicherweise war der Fokus des SPIEGELs damals noch nicht so auf Gesundheitsthemen, aber mit den Ausgaben 10/1968 ("Herz-Verpflanzer Barnard"), 52/1970 ("Biochemie") oder 50/1970 ("Ist das Krankenhaus pleite?") schienen diese Themen auch nicht ganz fremd zu sein. In der immerhin 11-seitigen Titelgeschichte der letztgenannten Ausgabe 50/1970 geht es um scheinbar alle Mängel und Missstände des damaligen deutschen Krankenhauswesens, von Altbauten bis Übermüdung, von Augenlaser bis Bettenpauschale - aber das Wort Grippe taucht nur in einem Halbsatz auf: "Während der Urlaubszeit und in den Grippemonaten müssen jeden Sommer und Winter wegen Schwesternmangels Klinikbetten unbelegt bleiben...". Irgendwie scheint auch den damaligen SPIEGEL-Redakteuren die "Viren-Katastrophe" der Vormonate komplett entgangen zu sein.
4. So schlau wie ich, in Wikipedia & Co. einmal nach vergleichbaren epidemischen Ereignissen Ausschau zu halten, waren andere natürlich auch. Möglicherweise auch ein Marcel Görmann von der Münchener Zeitung "Merkur" - vielleicht wurde er aber auch nur durch die Zuschrift eines Lesers auf diese Grippewelle aufmerksam. Einerlei - Görmann, Jahrgang 1984, hat für seinen Artikel (hier) erstaunliche Details herausgefunden: "In West-Berlin herrschte ein Bestattungsnotstand, berichtet der Spiegel. Särge mussten in Gewächshäusern des Gartenbauamts Wedding oder in der Wilmersdorfer Bezirksgärtnerei gelagert werden." Auch in der Heimatstadt des "Merkur" ereignete sich demnach Unerhörtes: "Auch in München seien alle Kliniken 'randvoll belegt' .... Rund 30 Prozent der Schwestern erkrankten und fielen aus." Warum heute lebenden Zeitgenossen von damals zumeist jede Erinnerung an diese "Katastrophe" fehlt, dafür hat Herr Görmann schon in der Titelzeile eine Erklärung: Die damalige Epidemie wurde demnach "Aus dem kollektiven Gedächtnis total gelöscht". Leider bleibt uns der Autor eine weitergehende Erklärung, wer denn auf welche Art diese kollektive Hirnwäsche umgesetzt hat, schuldig. Waren vielleicht schon damals russische "Feindsender" wie RT damit beschäftigt, mittels Radio- und Fernsehwellen die Hirne argloser Westbürger umzupolen, so wie sie angeblich 2016 die Wahl eines "Manchurian Candidate" *3 namens Donald Trump zum US-Präsidenten bewerkstelligen konnten? Dafür weist Herr Görmann überdeutlich auf die damaligen Politiker und ihre Versäumnisse hin: "Wissenschafts- und Medizinhistoriker wie David Rengeling, Malte Thießen oder Wilfried Witte recherchierten, wie die Bundesrepublik mit dem damaligen Ausbruch umging. Ihr Ergebnis ist erschütternd: Politiker und Behörden hätten mit einer erstaunlichen Empathielosigkeit reagiert.[im Original gefettet]". Diagnose also: Empathielosigkeit. Egal, ob Herr Görmann bei seinen Recherchen auch immer fleissig "Empathie" in die Suchfunktion eingegeben hat, oder tatsächlich das zeitgemässe Wort "Mitgefühl" benutzt hat - in diesem Punkt müsste ich ihm formal recht geben. Denn auch mir sind keine mit gravitätischer Miene vorgetragenen Worte des Bundespräsidenten (damals Gustav Heinemann) zur bedrohlichen Pandemie-Lage erinnerlich. Ebensowenig tröstende Worte oder entschlossenes Epidemie-Handeln ankündigende Reden der damaligen Bundeskanzler (Kiesinger und Brandt) oder der Ressortministerinnen (Aenne Brauksiepe unter Kiesinger, Käte Strobel unter Brandt). Wie es auch die zugegeben kursorische Sichtung des SPIEGEL-Archivs andeutet: Eine "Epidemische Lage von nationaler Tragweite" *4 hat die damaligen Geschehnisse offenbar niemand genannt.
5. Dagegen reagiert die heutige Politikergeneration, nach Görmanns Ansicht, geradezu vorbildlich: "Heute dagegen bemühen sich die Bundesregierung und die Landesregierungen darum, die Kurve der Ansteckungsrate möglichst niedrig zu halten, um die Zeit zu überbrücken, bis ein wirksamer Impfstoff oder ein Medikament entwickelt wird." Und bezüglich Empathie kann niemand der Kanzlerin das Wasser reichen. Ihre Fähigkeit, empathische Reden nicht nur zu formulieren (oder formulieren zu lassen), sondern auch überzeugend zur Darbietung zur bringen, habe ich schon in einem Text "Wenn das die Kanzlerin wüsste..." detailliert anhand ihrer Rede bei der Trauerfeier für die NSU-Mordopfer (2012) analysiert. Man könnte versucht sein, unsere langjährige Bundeskanzlerin geradezu eine Empathie-Maschine zu nennen, die - mit dem richtigen "Input" gefüttert - Empathie-getränkte Reden in Vollendung abliefern kann. Dieser PR-wirksamen Fähigkeit zur Empathie-Demonstration, auch bei der "Flüchtlingskrise" von 2015 gut beobachtbar, stehen leider in sozusagem reziprokem Ausmass Fähigkeit oder Wille gegenüber, an den betrauerten Umständen auch wirklich etwas zu ändern. So war das damals den Angehörigen der NSU-Mordopfer geradezu in die Hand versprochene Bemühen um Aufklärung und zur-Rechenschaft-Ziehung der Verantwortlichen nichts als leere Worte. Im Gegenteil, die "Dienste", die ja aus dem Kanzleramt heraus geführt werden, haben seither alles getan, um die Anstrengungen der diversen Untersuchungsausschüsse ins Leere laufen zu lassen (Details siehe der bereits angegebene Text).
6. Man muss es heutzutage, um falschen Einordnungen zuvorzukommen, leider immer erst klarstellen: Ja - Covid-19 ist eine durch Viren verursachte Krankheit, an der tatsächlich Menschen sterben. An der auch junge Menschen leiden können und sterben können, ja. Allerdings darf sich jeder gerne selber anhand der veröffentlichten Zahlen zur Altersstruktur der Todesfälle überzeugen, dass z.B. für unter 30-jährige das Risiko, an Covid-19 zu sterben, ähnlich hoch oder eben gering ist, wie an einem Blitzschlag zu sterben. Angesichts dieser Sachlage muss doch die Frage gestellt werden, inwieweit es gerechtfertigt ist, einen Grossteil der Bevölkerung in immer neu strukturierte "Lockdown"-Zwangsjacken zu stecken. Personen, die durch das Virus mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gefährdet sind. Je nachdem, wo man die Altersgrenze zur "wirklichen" Gefährdung ziehen mag (siehe die Tabelle in Absatz 2), ob bei über-40, über-50, über-60 oder über-70, haben wir es schliesslich mit mindestens einem Drittel bis zu drei Vierteln der bundesrepublikanischen Bevölkerung zu tun, denen die "Massnahmen"-Orgien nicht wirklich helfen. Schon im April dieses Jahres hatte ich hier (wie auch viele andere) auf folgendes hingewiesen: "Eine Therapie, die den Patienten letztendlich umbringt, kann sicher nicht das Ziel verantwortungsvoller Politik sein." Mittlerweile ist klar, dass insbesondere die ökonomischen Auswirkungen der Massnahmen schwerwiegend sind und letzten Endes nicht nur zum ökonomischen Ruin von Kleinbetrieben, Künstlern und zahlreichen Geringverdienern führen werden (oder schon haben), sondern oft genug auch zum physischen Tod (etwa bei Obdachlosen oder suizid-Gefährdeten). Was ich mir insbesondere nie hätte vorstellen können, ist, dass eine bundesrepublikanische Regierung offenbar dem deutschen Einzelhandel den Krieg erklärt. Anders kann man die mitten im anlaufenden Weihnachtsgeschäft umgesetzte Verfügung des "harten Lockdowns" eigentlich nicht nennen. Ohne dass man vorher auch nur versucht hätte, das tatsächliche epidemische Risiko im Einzelhandel abzuschätzen oder durch physische Massnahmen herabzusetzen. Ebensowenig wurde auch nur versucht, den Gewinnern dieser Konstellation, den Versandhändlern und inbesondere AMAZON, auch nur eine Bruchteil der Krisengewinne durch Steuern oder Abgaben abzunehmen. Wir erleben gerade, wie massenhaft leidlich anständig bezahlte Stellen im Einzelhandel umgewandelt werden in schlecht bezahlte Handlanger-Jobs in den fensterlosen Versandzentren von AMAZON und Co. - wo ist da die Empathie-Offensive der Kanzlerin?
7. Ohnehin ist erstaunlich, wie wenig diese Regierung, die sich doch permanent auf "die Wissenschaft" beruft, dann doch überhaupt von den Details des Epidemiegeschehens wissen will. Eine Studie zur Verbreitung des Virus unter den Beschäftigten im Lebensmittel-Einzelhandel - Fehlanzeige, obwohl diese doch seit Beginn der Epidemie ständig in den Läden standen und mit den potentiellen Virenträgern wenig geschützt in Kontakt kamen. Ebenso Untersuchungs-Fehlanzeige bei den Lkw-Fahrern, die in allen diesen Monaten (fast) unbehindert Waren kreuz und quer durch Europa transportierten. Sind das die eigentlichen "Super-Spreader"? Wir wissen es nicht, oder man will es nicht wissen. Auch die Gefahr durch Demonstrationszüge bleibt ungeklärt, obwohl es doch mindestens in den Sommermonaten reichlich Gelegenheit zu wenigstens stichprobenhaften Untersuchungen gegeben hätte, sowohl bei den "Querdenker"- als auch bei den "Black-Lives-Matter"-Demos. Können wir Hoffnung haben, wie es in zahlreichen hämischen Leserkommentaren zum Ausdruck kam, dass sich die lästigen "Querdenker" samt AfD-Entourage einfach selbst ausrotten? Das wollte wohl niemand genau wissen, umso genauer werden jetzt wohl Telefone und Presseäusserungen der als Querdenker publik gewordenen Menschen vom Verfassungsschutz "beobachtet" - zumindest hier in Baden-Württemberg. Wobei zu allen diesen "Fehlanzeigen" hinzuzufügen wäre, dass es solche Untersuchungen vielleicht doch gibt oder gegeben hat. Nur eben nicht sichtbar in den "Verkündigungsorganen der Regierung", zu denen etwa die "Tagesschau" sich entwickelt zu haben scheint. Drängender denn je die Frage, die der Ire Ivor Cummins schon im September stellte: "Why are they doing that to us?" oder "Warum tun sie uns das an?" Dazu bedarf es sicher einer separaten Untersuchung. Aber bezüglich der "empathielosen Politiker" in der Hongkong-Grippe-Phase hätte ich eine Überlegung anzufügen: Was, wenn sich diese Politiker damals auf das konzentrierten, wo sie wirklich etwas bewegen und verändern konnten, und nicht Scheingefechte mit "Inzidenz-Werten" ausfechten wollten? Dazu passt m.E. sehr gut das Titelbild *5 des SPIEGELs der Ausgabe 51/1970:
(Dezember 2020)
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*1 Wikipedia bietet zur Klassifizierung als "Katastrophe" wenig überzeugende Zahlenwerte an. Nach meinem Dafürhalten ist eine Katastrophe dann gegeben, wenn durch die schiere Grösse eines Ereignisses mehr Opfer anfallen, als es sie sonst gegeben hätte. Etwa, wenn bei einer nebelverursachten Massenkarambolage auf der Autobahn schlicht nicht genügend Ambulanzwagen zur Verfügung stehen, um die Verletzten in Krankenhäuser zu bringen. *2 Der deutsche Wikipedia-Artikel dazu ist mit 250 Wörtern eher ein kurzer Text, derjenige in der englisch-amerikanischen Wikipedia ist unwesentlich länger. *3 Ursprünglich der Name eines Hollywood-Films aus den 1950ern, ist in den USA der Terminus "Manchurian Candidate" ein fester Begriff für einen von fremden Mächten eingeschleusten bzw. unterstützten Politiker. *4 Das ist der zentrale Begriff im als "Bevölkerungsschutzgesetz" bekannt gewordenen "Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite", in grösster Eile noch im November vom Bundestag verabschiedet. Von verschiedenster Seite wurde kritisiert, dass eben diese "epidemische Lage von nationaler Tragweite" durchaus nicht klar definiert sei und letztlich vom Krisenstab des RKI reichlich willkürlich erklärt werden kann. *5 Den nicht-Zeitzeugen von 1970 muss man es wohl erläutern: Der Titel zeigt den Bundeskanzler Willy Brandt im Dezember 1970 in Warschau. Im Rahmen eines protokollarisch vorgesehenen Besuches der Gedenkstätte für die im Warschauer Ghetto von den Nazis getöteten (meist jüdischen) Polen legte Brandt einen Kranz nieder und ist dann, den Augenzeugen zufolge, spontan auf die Knie gesunken. Dieser "Kniefall von Warschau" wurde damals, in Polen mehr als in der BRD, als einmaliges Zeichen der Versöhnung und des Respektes vor den Opfern der Nazi-Diktatur gedeutet. Sicher auch wegen dieser Tat wurde ihm 1971 der Friedensnobelpreis verliehen.
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